Schulter/ regio-strukturell 5: ACG und SCG, Ligamente und Knochen

  • ACG-Arthrose (inkl. SCG)
  • Ligamentäre Rupturen (Lig. acromioclaviculare, Lig. coracoacromiale, Lig, coracoclaviculare, Lig. sternoclaviculare, Lig. costoclaviculare), “AC-Sprengung”/ Klassifikation nach Tossy und Rockwood
  • Clavicula-Frakturen

Das Acromioclaviculargelenk (ACG) bildet mit dem Sternoclaviculargelenk (SCG) eine gemeinsame Funktionseinheit des Schultergürtels.

 

Bei der ACG-Arthrose kommt es zum Verschleiß der Gelenkflächen, was mit latero-cranialen Schmerzen verbunden ist. Die Beschwerden treten insbesondere bei hohen Aktivitäten auf, sowie bei Bewegungsabläufen des Armes über die Körpermitte hinweg (horizontale Adduktion). Oft ist Innenrotation, Adduktion und Scapulaprotraktion mit Druck schmerzhaft, während Außenrotation mit Scapularetraktion zur Entlastung führt. Der Gelenkspalt kommt so unter Kompression, bzw. Traktion.

 

ACG-Arthrosen können posttraumatisch bedingt sein (Clavikulafrakturen, Schultereckgelenksprengungen) oder Folge von schwerer körperlicher Tätigkeit sein (z.B. Pressluftarbeiten). Knöcherne Anbauten können ihrerseits, bei meist parallel zugrunde liegenden degenerativen Sehnenverletzungen, das Sehnenmaterial zusätzlich aufscheuern. Da das ACG sehr oberflächig liegt, können die Patienten den Schmerz oft genau lokalisieren (Fingerzeig) und ossäre Anbauten können tast- und sichtbar sein.

Bei vielen Leuten ist eine meniskoide, knorpelige Struktur zwischen Acromion und Clavicula aufzufinden, die als Normvariante vorliegt, aber auch im Laufe des Lebens durch rezidivierende Belastung aufgebraucht werden kann.

Eine ACG-Arthrose ist sowohl im Röntgen wie auch im MRT nachweisbar. Im MSU kann der Abstand der knöchernen Gelenkenden ausgemessen und im Seitenvergleich beurteilt werden. Zudem kann die Gelenkkapsel mit etwaiger Schwellung dargestellt werden.

Zur diagnostischen Absicherung kann eine Probeinfiltration durchgeführt werden.

Schulter/ regio-strukturell 5: ACG und SCG, Ligamente und Knochen

  • ACG-Arthrose (inkl. SCG)
  • Ligamentäre Rupturen (Lig. acromioclaviculare, Lig. coracoacromiale, Lig, coracoclaviculare, Lig. sternoclaviculare, Lig. costoclaviculare), “AC-Sprengung”/ Klassifikation nach Tossy und Rockwood
  • Clavicula-Frakturen 

Das laterale Ende der Clavicula wird durch mehrere Ligamente stabilisiert. Bei einem Sturz (häufig Fahrrad) kann es zu Verletzungen unterschiedlichen Ausmaßes kommen. Ein typisches „Höhertreten“ der Clavicula  wird optisch wahrgenommen, in starker Ausprägung spricht man auch von einem „Klaviertastenphänomen“.

Die graduelle Klassifizierung wird nach Tossy (1-3) oder Rockwood (1-6) vorgenommen. Tossy 1-3 entspricht dabei Rockwood 1-3.

 

Tossy 1-3/ Rockwood 1-3:

 

1.     Tossy 1 ist eine Bänderdehnung, keine Ruptur. Örtlich kommt es oft zu einem schmerzhaften Hämatom.

 

2.     Tossy 2 bezeichnet die Ruptur der Ligg. acromioclaviculare. Die coracoclaviculären Ligamente sind gedehnt. Das laterale Ende der Clavicula steht etwa um die Hälfte erhöht (Subluxation).

 

3.     Tossy 3 charakterisiert die Ruptur der Ligg. acromioclaviculare, sowie Ligg. coracoclaviculare. Das äußere Claviculaende steht deutlich höher (Luxation, Klaviertaste).

 

Rockwood 4-6:

 

4.     Rockwood 4: Die laterale Clavicula steht nicht nur höher, sondern auch dorsal gerichtet (zusätzliche Ebene). Es besteht die Gefahr von Gefäßrupturen.

 

5.     Bei Rockwood 5 kommt es zu einer erheblichen Sprengung. Die laterale Clavicula steht weit nach oben und Anteile der Muskulatur, bzw. Sehnenplatte (Faszien vom M. deltoideus, M. Trapezius, M. Pectoralis) sind rupturiert.

 

6.     Rockwood 6 ist extrem selten und bezeichnet die Luxation der Clavicula unter den Processus coracoideus.

Schultereckgelenkssprengung (Tossy 3) 

 

 

Quelle (Link zu Lizenz und Urheber): Wikimedia commons

dortiger Autor: Hellerhoff

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Tossy/ Rockwood 1-2 werden ohne horizontale Instabilität meistens konservativ therapiert. Bei den anderen Formen besteht öfter eine OP-Indikation.

Diagnostisch ist die Röntgenaufnahme wegweisend und in leichteren Verdachtsfällen kann eine „gehaltene Aufnahme (mit Gewicht)“ durchgeführt werden. MSU kann Aufschluss über die Stabilität bei ACG-Sprengungen geben, welche mit oder ohne Geweberisse einhergehen können. MRT und CT sind gut geeignet, um Begleitverletzungen zu erfassen.

 

(Quellen:1. Helfen T, et al, Therapy of acute acromioclavicular joint Instability: Meta-analysis of arthroscopic / minimally invasive versus open procedures, Unfallchirurg, 118(5):415-426
2. Stucken C, et al, Management of acromioclavicular joint injuries, Orthop Clin North Am, 46(1):57-66, 2015
3. Reid D, et al, Acromioclavicular joint separations grades I-III: a review of the literature and development of best practice guidelines, Sports Med, 42(8):681-696, 2012
4. Smith TO, et al, Operative versus non-operative management following Rockwood grade III acromioclavicular separations: a meta-analysis of the current evidence base, J Orthop Traumatol, 12(1):19-27, 2011)

Schulter/ regio-strukturell 5: ACG und SCG, Ligamente und Knochen

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  • Ligamentäre Rupturen (Lig. acromioclaviculare, Lig. coracoacromiale, Lig, coracoclaviculare, Lig. sternoclaviculare, Lig. costoclaviculare), “AC-Sprengung”/ Klassifikation nach Tossy und Rockwood
  • Clavicula-Frakturen 

Clavikulafrakturen entstehen gelegentlich beim Sturz auf den gestreckten Arm oder die Schulter, öfter jedoch infolge direkter Krafteinwirkung (Anpralltrauma), bei dem die Scapula gegen den Thorax gepresst wird. Bei einer lateralen Fraktur kann es zu den im Vorkapitel besprochenen Verletzungen von Ligamenten kommen, sowie einer Dislokation nach cranial.

Häufiger sind junge Menschen von diesen Frakturen betroffen, da bei älteren Menschen der Humerus „frakturanfälliger“ ist. Die Verletzungen entstehen somit ähnlich, wie die ACG-Sprengungen bei Motorrad- und Fahrradunfällen, sowie im Winter- oder Kontaktsport. Stürze auf den gestreckten Arm führen häufiger zu ACG-Sprengungen, als zu einer Claviculafraktur.

Vielfach kann konservativ therapiert werden, sofern keine große Dislokation vorliegt, es sich nicht um eine Mehrfragmentfraktur handelt und keine Gefäße und Nerven gefährdet erscheinen.

Neben den lateralen Frakturen werden noch seltene mediale und die häufigeren Schaftfrakturen der Clavicula unterschieden.

Die Clavicula stellt die einzige knöcherne Verbindung zwischen Schulter und Rumpf dar. Daher können Verletzungen in diesem Bereich zu einer Einschränkung der Schulterfunktion und damit der gesamten oberen Extremität führen. Neben der knöchernen Verbindung zwischen Schulter und Rumpf schützt die Klavikula das unter bzw. hinter ihr verlaufende Gefäß-Nerven-Bündel.

Im Gegensatz zu Frakturen im Schaftbereich sind die Frakturen der lateralen Clavicula seltener disloziert und können daher häufig konservativ behandelt werden.

 

Neer klassifizierte die laterale Claviculafraktur, wobei er die Bedeutung der Coracoclaviculären (CC) Bänder für die Stabilität des medialen Fragmentes herausstellte:

 

Typ 1: lateral der intakten CC-Bänder, meist stabil (dreimal häufiger als Typ 2 und Typ 3 Frakturen)

 

Typ 2: Verletzung des Lig. conoideum (Teil von CC, siehe Bild der Ligamente) im medialen Segment. Das laterale Segment bleibt über das Lig. trapezoideum stabil. Somit resultiert eine Frakturinstabilität. Armgewicht und Muskelzüge führen zu einer zunehmenden Dislokation.

 

Typ 3: Nach Neer bezeichnet der Typ 3 eine intraartikuläre Verletzung des ACG mit der Gefahr der Entwicklung einer ACG-Arthrose.

 

Die Schaftfrakturen der Clavicula wurde jahrelang nach folgendem Motto therapiert: „Die Schaftfraktur heilt ohne Arzt, mit Arzt und trotz Arzt.“

 

In den letzten Jahren wurde die vermeintlich harmlose Bagatellverletzung neu beleuchtet, was in andere Therapienansätze mündete.

Zunächst sollte festgehalten werden, dass sie mit einem Anteil von 3-5% aller Frakturen zu den häufigsten Frakturen des Menschen zählt. Die Verteilung der Clavikulafrakturen beziffert 70-80% Schaftfrakturen, sowie 15-30% laterale Frakturen und <3% mediale Frakturen. Literaturergebnisse zeigen deutlich, dass die Bagatellisierung der Claviculaschaftfraktur als eine harmlose und in fast allen Fällen problemlos verheilende Verletzung, die weder differenziert diagnostiziert und therapiert noch hinsichtlich des Ergebnisses konsequent kontrolliert werden muss, zu einer erhöhten Pseudarthrose-Rate führt. Dabei spielt insbesondere die Unterschätzung der Dislokationsstellung im Anterior-posterior-Bild eine Rolle.

 

Klassifikation:

 

Zur Einteilung der Verletzungen hat sich die OTA (Orthopaedic Trauma Association)- Klassifikation international durchgesetzt:

A: einfache Verletzungen, die aus zwei Fragmenten bestehen

 

B: Keilbrüche mit zusätzlichem Fragment

 

C: komplexe Frakturen

 

Die operative Therapie ist unstrittig in folgenden Situationen indiziert:

  • bei Gefäß-Nerven Schaden (1–2 %)
  • bei offenen Frakturen beziehungsweise drohender Hautperforation (1–2 %)
  • bei schmerzhafter Pseudarthrose (3–5 %).
Darüber hinaus gibt es weitere unbestrittene, aber eher seltene Indikationen: 
  • die „floating shoulder”, das heißt die gleichseitige Verletzung von Clavicula und Skapula
  • die Claviculafraktur beim polytraumatisierten Patienten mit zusätzlichen Verletzungen der unteren Extremität (um eine Mobilisation zu ermöglichen)
  • die beidseitige Claviculafraktur
  • die Claviculafraktur mit gleichseitiger Rippenserienfraktur 
  • die Kettenverletzung der oberen Extremität.

Quellen: 1: Obere Extremität 2014 DOI 10.1007/s11678-014-0244-6 Eingegangen: 14. November 2013 Angenommen: 3. Januar 2014

© Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2014

Benedikt Schliemann · Sarah Breiter · Christina Theisen · Kristian N. Schneider · Clemens Kösters · Michael J. Raschke · André Weimann Klinik für Unfall-, Hand- und Wiederherstellungschirurgie, Universitätsklinikum Münster, Deutschland Die laterale Claviculafraktur – Grundlagen, OP-Indikationen, Versorgungstechniken

Dr. med. B. Schliemann Klinik für Unfall-, Hand- und Wiederherstellungschirurgie Universitätsklinikum Münster, Albert-Schweitzer Campus 1 Gebäude W1, 48149 Münster

2:Anschrift für die Verfasser, Dr. med. Gereon Schiffer, Klinik für Orthopädie und Unfallchirurgie
Schwerpunkt Unfallchirurgie, Universitätsklinikum Köln, Kerpener Straße 62,50937 Köln