MSU- Abschnitt 5 „Ellenbogen“ (E)

 

Alle Ausführungen sind Vorschläge für eine optimale Untersuchung der beschriebenen Strukturen. In der Klinik kann es erforderlich sein, die Strukturen in abweichenden Ausgangsstellungen zu untersuchen.

Das Ellenbogengelenk besteht aus drei Teilgelenken, die von einer gemeinsamen Kapsel umschlossen sind.

Während das Art. humeroulnaris ein Scharniergelenk ist und lediglich Flexion und Extension ermöglicht, finden im Art. humeroradialis sowohl Flexion und Extension, als auch Pronation und Supination statt. Letzteres ist anatomisch ein Kugelgelenk, aber durch die Membrana interossea radioulnaris auf zwei Freiheitsgrade beschränkt.

Der dritte Teil wird vom Art. radioulnaris proximalis gebildet, welches als Dreh- oder Zapfengelenk, (gemeinsam mit dem distalen Gelenk) die Pro- und Supinationsbewegung ergänzt.

Für den MSU bedeutet dieses viele Strukturen auf kleinem Raum. Zum einen lassen sich dadurch gute knöcherne Referenzpunkte zur Orientierung finden, zum anderen erfordert es aber auch regionale Anatomie-Kenntnisse.

Die Gelenkkapsel endet ventral oberhalb der Gelenkflächen und dorsal oberhalb der Fossa olecrani. Am Radius führt sie bis weitläufig über das Caput radii (Recessus sacciformis). Bei Flexion spannt sich die dorsale Kapsel, während sich die ventrale in Falten legt. Bei Extension verhält es sich umgekehrt.

Als Kapselspanner fungieren Fasern des M. triceps brachii und M. biceps brachii, die gleichzeitig ein kapsuläres Impingement verhindern.

Periartikulär existiert ein straffes Bandsystem zur Absicherung der Gelenkfunktion (Kollateralbänder, Lig. anulare radii).

Die erste Fragestellung im SFT-Konzept, ist meist die, nach intraartikulären Ergüssen. Bei traumatischer Vorgeschichte oder Annahme einer möglichen Gelenkverletzung sollte dieses zunächst abgeklärt werden. Ohne traumatischen Hintergrund jedoch, ist die weitest verbreitete Ellenbogenpathologie, der Tennisarm (Epicondylitis lateralis humeri). Aus diesem Grund ist die erste Schnittebene dort gelegt. Sollte aus den klinischen Tests eine andere Pathologie naheliegend erscheinen, kann auch mit einer anderen Schnittebene begonnen werden. Aufgrund der gemeinsamen Gelenkkapsel kann ein Erguss eventuell in mehreren Schnittebenen sichtbar sein.

 

Schnittebene 5.1. „Strecksehnenansatz Ellenbogen“ (E/ SEB)

1 gemeinsame Strecksehne

2 Extensoren

3 Lateraler Epicondylus

4 Caput radii

 

Darstellung longitudinal

 

1 gemeinsame Strecksehne

2 Lateraler Epicondylus

 

Darstellung transversal

 

Beurteilung: gemeinsame Strecksehne, Epicondylus lateralis, Caput radii

                          longitudinal                                                               transversal

 

Ausführung:

Der Patient sitzt auf einem Stuhl und legt den Unterarm auf einen Tisch oder eine Therapieliege. Der Ellenbogen ist proniert und 90°-flektiert (Stretch).

Zunächst wird die Sonde in longitudinaler Richtung an den Epicondylus lateralis geführt. In 90° Flexion liegt dieser ziemlich weit am Ende des abgewinkelten Armes. Die Strecksehne stellt sich hyperechogen dar. Bei dem Muskelanteil, dessen Fasern zum Ende der Sehne sichtbar einstrahlen, handelt es sich um den M. extensor carpi radialis brevis.

Bei einer Pronation und Supination kann die Bewegung des Radiusköpfchens bewertet werden.

Wendet man die Sonde auf der Strecksehne um 90°, so kann die transversale Ebene beurteilt werden, indem die Sonde vom Epicondylus lateralis nach distal gleitet. Bei einer akuten Epicondylitis lateralis humeri stellt sich die Strecksehne hypoechogener und voluminös aufgetrieben dar. Nach einiger Zeit entwickelt sich die sichtbare Entzündung meistens zurück, aber der Schmerz des Tennisarmes bleibt. Dieses Krankheitsbild liebt es sich zu chronifizieren, wird dabei etwas diffuser und breitet sich aus. Der pathobiologische Schmerzmechanismus entwickelt sich dann vom Input- Problem zum Verarbeitungsproblem. Beim Tennisellenbogen verbleibt unbehandelt häufig eine abnormale Sensitivität von bis zu 36 Monaten.

Somit gibt einem der MSU eventuell nur Aufschluss darüber, ob das Problem noch lokal ist, oder schon zentralisiert.

Hinzu spielt die Membrana interossea offensichtlich eine große Rolle, vielleicht die Hauptrolle, und sollte immer mit behandelt werden. Bildgebend sind diesbezüglich allerdings keine Aufnahmen verwendbar.

 

Schnittebene 5.2. „Humeroradialgelenk“ (E/ HRG)

1 M. brachioradialis  

2 Kapsel                     

3 Humerus                

4 Caput radii

5 Ligamentum anulare radii

6 Knorpel

 

Darstellung longitudinal

 

Beurteilung: Gelenkkapsel, M. brachioradialis, Caput radii, Lig anulare radii, Knorpel, nicht im Bild: Lig. collaterale laterale

longitudinal

 

Ausführung: Der Patient sitzt auf einem Stuhl und legt seinen Unterarm auf einem Tisch oder einer Therapieliege supiniert und extendiert ab. Die Sonde wird longitudinal, lateral über dem Gelenkspalt, auf den Unterarm gelegt. Die Kapsel wird als hyperechogene Struktur sichtbar, der das Ligamentum collaterale laterale aufliegt (verbindet Epicondylus lateralis und Caput radii).

Ein Stresstest ist für das Band möglich (siehe "klinische Tests Ellenbogen“).

Schnittebene 5.3. „Trochlea humeri“ (E/ TH)

1 Trochlea humeri                

2 Gelenkknorpel, Synovia    

3 M. pronator teres              

4 M. brachialis

5 Arteria brachialis

6 Nervus medianus

 

Darstellung transversal

 

Beurteilung: Gelenkknorpel, Gelenkkapsel, Nervus medianus

transversal

 

Ausführung: Der Patient sitzt auf einem Stuhl und legt seinen Unterarm auf einem Tisch oder einer Therapieliege supiniert und gestreckt ab. Die Sonde wird transversal auf das distale Ende des Humerus platziert und dabei leicht in Richtung der konvexen Oberarmmuskulatur gekippt, um orthogrades schallen zu gewährleisten. Weiter nach proximal erscheint prähumerales Fettgewebe.

 

Schnittebene 5.4. „Fossa coronoidea“ (SE/ FC)

1 M. brachialis   

2 Fettgewebe     

3 Fossa coronoidea

4 Trochlea humeri

 

Darstellung longitudinal

 

1 M. brachialis

2 Fettgewebe

3 Fossa coronoidea

4 Trochlea humeri

 

Darstellung transversal

 

Beurteilung: Fossa coronoidea

                        longitudinal                                                           transversal

 

Ausführung: Der Patient sitzt auf einem Stuhl und legt seinen Unterarm auf einem Tisch oder einer Therapieliege supiniert und extendiert ab. Die Sonde wird medial, distal vor dem Ellenbogengelenk positioniert und gleitet longitudinal die Ulna hinauf zur Trochlea humeri. Etwas weiter proximal erreicht die Sonde die Fossa coronoidea.

Über der Fossa kann die Sonde um 90° gewendet werden, um auch eine transversale Beurteilung zu erhalten.

 

Schnittebene 5.5. „Beugesehnenansatz Ellenbogen“ (E/ BEB)

1 Epicondylus medialis

2 Ligamentum collaterale mediale

3 gemeinsame Beugersehne

4 Flexoren

5 Ulna

 

 

Darstellung longitudinal

 

                                                                Darstellung transversal                                                     

 

1 Epicondylus medialis

2 gemeinsame Beugersehne

Beurteilung: Epicondylus medialis, gemeinsame Beugersehne

                                   longitudinal                                                                  transversal

 

Ausführung: Der Patient sitzt auf einem Stuhl und legt seinen Unterarm auf einem Tisch oder einer Therapieliege supiniert und extendiert ab. Die Sonde wird medial, longitudinal auf die Beugermuskulatur gelegt und langsam in Richtung Epicondylus medialis bewegt. Der distale Sondenteil zeigt dabei in Richtung des mittleren Handtellers.

Entzündungen der gemeinsamen Beugersehne werden als Golferarm bezeichnet.

Wie beim Tennisarm beschrieben, kann es akute (bildgebend sichtbar) und chronische (keine Entzündung sichtbar) Verläufe geben.

 

Schnittebene 5.6 „M. Triceps brachii“ (E/ TRIC)

1 M. triceps brachii (Sehne)

2 Fettgewebe

3 Olecranon ulnae

4 M. triceps brachii

 

Darstellung longitudinal

 

 

 

Beurteilung: M. triceps brachii mit Ansatzsehne, Bursa olecrani 

longitudinal                                                    transversal

Ausführung: Der Patient sitzt auf einem Stuhl mit seinem Rücken zur flach postierten Therapieliege und stellt den Arm auf dieser ab. Dabei richten sich seine Finger nach ventral aus. Alternativ kann er auch auf der Therapieliege Platz nehmen. Dieses reduziert allerdings den Stretch auf die Tricepssehne.

Der Ellenbogen ist 90° flektiert und die Sonde wird longitudinal auf dem Muskelbauch des M. Triceps platziert und dann an das Olecranon ulnae herangeführt. Dort stellt sich die Sehne hyperechogen dar. Die Bursa olecrani ist physiologisch kaum zu identifizieren. Bei einer Bursitis olecrani kann sie sehr prall gefüllt sein, was dann ein hypoechogenes, superfiziales Bild abliefert, da sie oberflächennah den Tricepsansatz vor Zug- und Druckkräften bewahrt.

Bei einer Wende um 90°, kann die Sonde eine transversale Beurteilung liefern.

Das muskuläre Verhalten kann durch dynamische Ausführung  beobachtet werden.

 

Schnittebene 5.7. „Fossa olecrani“ (E/ FO)

1 M. triceps brachii (Sehne) 

2 M. triceps brachii              

3 Fettgewebe

4 Olecranon ulnae

5 Humerus

 

Darstellung longitudinal

1 M. triceps brachii   

2 Fettgewebe

3 Humerus

4 Fossa olecrani            

 

Darstellung transversal

 

Beurteilung: Olecranon ulnae, Tricepssehne, Gelenkkapsel

longitudinal                                                transversal

Ausführung: Es erfolgt ein fließender Übergang aus der vorherigen Schnittebene. Der Patient sitzt auf einem Stuhl mit seinem Rücken zur flach postierten Therapieliege und stellt den Arm auf dieser ab. Dabei richten sich seine Finger nach ventral aus. Alternativ kann er auch auf der Therapieliege Platz nehmen. Dieses reduziert allerdings den Stretch auf die Tricepssehne und die Kapsel. Die Sonde wird longitudinal vom Olecranon ulnae nach proximal verschoben. Dort befindet sich die Fossa olecrani, die bei einer 90° Wende der Sonde als tiefe Kuhle identifizierbar ist (transversale Darstellung). Zwischen Humerus und Olecranon spannt sich hyperechogenes Gewebe auf, die Gelenkkapsel. Diese wird von Fasern des M. triceps brachii betätigt, so dass die notwendige Gelenkkinematik gewährleistet ist.

 

Schnittebene 5.8. „Nervus ulnaris“ (E/ NU)

1 Nervus ulnaris

2 M. flexor carpi ulnaris

3 Ulna

4 Trochlea humeri

 

Darstellung longitudinal

 

1 Nervus ulnaris                  

2 Lig. collaterale mediale   

3 Olecranon ulnae

4 Epicondylus medialis

5 M. triceps brachii

 

Darstellung transversal     

 

Beurteilung: Nervus ulnaris, Lig. collaterale mediale

longitudinal                                               transversal

Ausführung: Die Untersuchung erfolgt in der gleichen Ausgangsstellung. Der Patient sitzt auf einem Stuhl mit seinem Rücken zur flach postierten Therapieliege und stellt den Arm auf dieser ab. Dabei richten sich seine Finger nach ventral aus. Alternativ kann er auch auf der Therapieliege Platz nehmen.

Die Sonde liegt zunächst transversal auf dem Olecranon ulnae und dem Epicondylus medialis. Auf diese Weise wird der Sulcus ulnaris dargestellt, in welchem sich der Nervus ulnaris auffinden lässt. Da ihn sehniges und fasziales  Gewebe umhüllt, kommt er als hypoechogene, ründliche Erscheinung ins Bild. Wurde der Nervus ulnaris aufgefunden, so können Lage, Form und Durchmesser im Seitenvergleich beurteilt werden. Anschließend wird die Sonde um 90° gewendet und der Nerv longitudinal beurteilt.

Der Nervus ulnaris kann traumatisch verletzt werden (Fraktur). Bei Stößen oder Druck auf diesen oberflächlichen Nerven, kann ein „Stromschlaggefühl“ im Arm entstehen.

Kommt es zur räumlichen Enge im Sulcus ulnaris, so spricht man vom Ulnarisrinnensyndrom. Eine Kompression des Nerven kann zur Atrophie versorgter Muskelareale führen und beim vollständigen Ausfall die Ausbildung einer Krallenhand herbeirufen.