Die Betrachtung der "Faszien" aus einer Modell-Sichtweise

 

Das Fasziendistorsionsmodell (FDM) und die Architektur des Fasziengewebes nach Guimberteau und Armstrong im SFT-Konzept

 

Das Fasziendistorsionsmodell (FDM) ist ein Modell. Dem Leser ist empfohlen, sich bei der Lektüre wiederholt daran zu erinnern. Wer das FDM-Denken verwendet und sich nicht auf Techniken daraus beschränkt, wird erfolgreich damit arbeiten.

Therapeuten, die das Denkmodell anwenden, fügen nach gesammelter Erfahrung, eigene Erkenntnisse hinzu. So ist es auch im SFT-Konzept.

SFT möchte strukturiertes, schulmedizinisches Vorgehen mit moderner Bildgebung und eben auch diesem osteopathischen Modell kombinieren. SFT ersetzt nicht das Erlernen vom FDM! Es vermittelt nur einen Teil der Modellsichtweise. Die nachfolgenden Analysen vom FDM und der Architektur des Fasziengewebes sind demnach als SFT- Sichtweise zu werten und somit abweichend vom FDM des EFDMA oder IFDMA („Faszien-Organisationen“) zu betrachten.

Das ab 1992 vom amerikanischen Osteopathen und Notfallmediziner Stephen Typaldos beschriebene FDM, ist ein zentraler Baustein in der Beurteilung von Verletzungen aus Sicht von SFT. Dem Autor dieser Zeilen öffnete sich mit der medizinischen Betrachtungsweise im FDM ein neuartiger Blickwinkel auf Verletzungen aller Art.

Seit dem Erlernen erster Grundkenntnisse des FDM, versuchte ich jede Verletzung sowohl schulmedizinisch, wie auch alternativmedizinisch (FDM) zu beurteilen.

Mit der FDM-Sichtweise erzielte ich teils unmittelbar verblüffende Therapieerfolge, die gelegentlich aber auch ausblieben.

Bei letzterem entdeckte ich eine gewisse Regelmäßigkeit, welche ich analytisch nach zwei Gesichtspunkten zu differenzieren versuchte:

Den ersten Teil ausbleibender Erfolge vermutete ich in einer unkorrekten FDM-Diagnose, oder fehlerhaften Ausführungstechnik meinerseits.

Bei dem anderen Anteil entwickelte sich eine etwas abweichende Sicht der Pathologien des Binde- oder Fasziengewebes, der Distorsionen.

Hierbei spielten einige Hilfsmittel eine Rolle, die im Typaldos-Modell (1992-2006), epochal bedingt, abweichend vorlagen:

 

1. Der MSU (der muskuloskelettale Ultraschall)

 

2. Der Blickwinkel aus: „Die Architektur des menschlichen Fasziengewebes“ von Jean Claude Guimberteau und Colin Armstrong (2015/2016)

 

3. Fortlaufende, neue Erkenntnisse der Faszienforschung verschiedener Herkünfte

 

Die Leser werden sich nun in drei Lager spalten. Den einen ist FDM in seiner ganzen Form bekannt (zertifizierte Therapeuten), die anderen kennen es in Grundzügen, und den übrigen ist dieses Model unbekannt.

Das ist kein Problem; denn der Autor wird nur die Sichtweise auf das Bindegewebe schildern, die SFT benötigt. Kenntnisse im FDM und in der Architektur des Fasziengewebes werden das Verständnis der SFT-Sichtweise beschleunigen.

Techniken, die nach der SFT-Analyse zur Anwendung kommen, dürfen jedem Therapiekonzept entstammen, dass der Behandler erlernt hat.

SFT zeigt nur exemplarisch einige Methoden auf, welche sich aus subjektiver, erfahrungsmedizinischer Sichtweise bewährt haben und direkt aus einer Analyse resultieren können. Grundsätzlich ist SFT aber methodenneutral.

 

Je genauer das Ergebnis der SFT-Analyse ausfällt, desto klarer werden auch die Therapieziele definiert werden und sich die möglichen Therapieoptionen ergeben. Diese Therapieoptionen können nicht generalisiert evidenzbasiert sein, sind jedoch häufig individuell funktionell (Re-Tests) und bildgebend (Kontroll-MSU) nachweisbar und dokumentierbar.

 

 

 

Im SFT-Konzept werden die sechs beschriebenen Distorsionen aus dem FDM etwas abweichend beurteilt, ohne das FDM-Modell darin zu hinterfragen! Wie bereits im Vorwort erwähnt, erfordert die Arbeit ausschließlich nach dem FDM: „stay in the model“.

 

1. Die Continuumdistorsion (CD)

 

2. Das Triggerband (TB)

 

3. Der hernierte Triggerpunkt (HTP)

 

4. Die Faltdistorsionen (FD)

 

5. Die Zylinderdistorsionen (CyD)

 

6. Die Tektonische Fixation (TF)

 

Der Gelenkkater (GK) wird in der SFT-Sichtweise als eine weitere denkbare Distorsion des Fasziengewebes hinzugefügt. Diese Beschreibung entstammt nicht dem FDM. Es ist eine abweichende Betrachtungsweise.

Das Fasziendistorsionsmodell entwickelte sich unabhängig von der Faszienforschung, die sich im zurückliegenden Jahrzehnt, parallel und eventuell auch FDM getriggert, ausbreitete.

Die Faszien sind nun omnipräsent und durch die einsetzende Vermarktungswelle auch in der breiten Bevölkerung angekommen.

Da eine Abgrenzung zum FDM aber nur in diesem Modell ausgebildeten Physiotherapeuten, Heilpraktikern, Osteopathen, Ergotherapeuten und Ärzten bekannt ist, führt es häufig zu Missinterpretationen.

Manche Betrachtungen von therapeutischen FDM-Techniken werden so, infolge von Unwissenheit, als „Faszien-Hype“ abgetan. Diese Sichtweise kann nur mit Blick auf die parallel eingesetzte Vermarktungswelle der „Faszienprodukte“ verstanden werden.

Der Blick des SFT-Konzeptes auf dieses Gewebe soll helfen, Missverständnisse zu schmälern.

Die Gewebearchitektur von Guimberteau und Armstrong hat nichts mit dem FDM zu tun. Im Folgenden sind die für SFT bedeutendsten Fakten aus dem Buch zusammengefasst.

  • Es existiert eine Gewebekontinuität („alles ist verbunden“), mit fließenden Übergängen der „anatomisch definierten Gewebeschichten“. Innerhalb des SFT benennen wir es „Kontinuumdenken“.
  • Es gibt eine gemeinsame Funktionalität der „anatomisch definierten Gewebeschichten“ und somit kein Schichtensystem im eigentlichen Sinne.
  • Auch gegeneinander gleitende Gewebe sind verbunden (z.B. Sehne und Peritenon). Das „Gleitmodell (Struktur im Tunnel)“ muss neu überdacht werden.

Jeder Interessierte darf sich eingeladen fühlen, mit der Gewebearchitektur von Guimberteau und Armstrong, zu beschäftigen. Für eine moderne, manualmedizinische Betrachtungsweise ist eine Grundbeschäftigung mit der faszialen Thematik unerlässlich.

Wie will man funktionelle Pathologien verstehen, wenn man anatomische Strukturen nur einzeln für sich betrachtet? 

Wie will man funktionelle Pathologien verstehen, wenn man nur statische Bildgebungen verwendet?

Der MSU wird bereits angewandt, um Gewebegleiten zu beobachten. Bei Pathologien am Schultergelenk kann zum Beispiel eine Cranialisation  des Humeruskopfes unter das Schulterdach in Form eines „Deltabuckling“ sichtbar werden. Bei verletzten Muskeln der Rotatorenmanschette beobachtet man bei Drehbewegungen eventuell eine Relativbewegung vom Muskel zum Humerus. Die Anspannung der ventralen Oberschenkelmuskulatur führt zu einer sichtbaren Füllung des Recessus suprapatellaris, wenn ein Kniegelenkserguss vorliegt. Diese Beispiele ließen sich unbegrenzt verlängern und zeigen einen großen Vorteil der Methode auf.

Bewegungsphysiologien und -pathologien können durch dynamischen Ultraschall analysiert und besser verstanden werden.

Mit MSU wird der interessierte Anwender nicht nur zu gezielteren Therapiemaßnahmen greifen können, sondern auch täglich sein Anatomie- und Pathologieverständnis erweitern.

 

13 MHz, 25mm, longitudinal SSP, 25-jähriger Triathlet (Langdistanz) nach Schulter Schmerzen (li.) im Schwimm-Trainingslager.

Linke Schulter mit „Deltabuckling“, rechte ohne. In diesem Beispiel vermutlich primär durch einseitiges Atemmuster ausgelöst.

Die Hauptrolle im Fasziengewebe spielt eine kleine, dünne Faser, namens Fibrille. Diese wird von

den ,ins fibrilläre Netz eingelagerten, Fibroblasten gebildet.

 

Das Folgende, ist eine Auflistung, der wichtigsten Aspekte für das SFT-Konzept. Diese Auflistung erhebt nicht den Anspruch darauf, die wichtigsten Erkenntnisse der Faszien-Architektur aus Sicht von Guimberteau und Armstrong wiederzugeben. Die Beschreibungen entstammen aber ihren Entdeckungen und geben wichtige Hinweise für eine funktionelle Betrachtung der Gewebe.

 

1. Das Fibrilläre System ist „chaotisch“ angeordnet. Es ist nicht logisch für das menschliche Gehirn und dadurch unbegrenzt variabel.

2. Fibrillen richten sich in Richtung der einwirkenden Kraft aus.

3. Es gibt ein Bestreben der Fibrillen in die Ausgangsposition zurückzukehren   (endogene Spannung).

4. Fibrillen können sich dehnen und spontan teilen (dynamische Fraktalisierung).

5. Das Verhalten der Fibrillen erfolgt dreidimensional.

6. Die Zellen sind vollständig eingebettet in ein fibrilläres Netz.

7. Auch Periost und Knochen sind Bestandteile eines Netzwerkes aus Fibrillen.

8. Narbengewebe hat nur die Funktion „ein Loch zu stopfen“.

 

Die Fibrillen (kollagenes Bindegewebe) werden von den Fibroblasten (Bindegewebszellen) produziert. Sie sind in das kollagene-fibrilläre Netz integriert. Bei Dehnung des Fasziennetzes unterliegen die Fibroblasten einer enormen Eigendehnung. Offensichtlich sind wenige Fibroblasten in der Lage, ein riesiges fibrilläres Netz aufrecht zu halten. Der deutsche Faszienforscher Robert Schleip vergleicht es mit wenigen Ameisen, welche einen großen Ameisenhaufen aufrecht erhalten. Aus dieser Perspektive wird nicht das Skelett als eigentliches Stützorgan angesehen, sondern das Fasziengewebe, welches das Knochengerüst in seiner Position hält. In diesem Fasziensystem konnten kontraktile Eigenschaften nachgewiesen werden.

Modell "Kontinuumdenken":

 

Alle Gewebe sind durchgängig miteinander verbunden (von der Haut bist zum Periost und Knochen).

-angelehnt an Guimberteau und Armstrong-

 

Ansicht der Distorsionen des Fasziengewebes im SFT-Konzept

 

Die Ansicht des Fasziengewebes im SFT-Konzept ist einerseits simpel und andererseits sehr kompliziert, wenn man Jean-Claude Guimberteaus Architektur des Fasziengewebes heranzieht (Punkt 1.)

Wie will man das beschriebene fibrilläre Chaos verstehen? Mit der Auseinandersetzung seiner Beobachtungen und Beschreibungen wird sich die Faszienforschung noch ausgiebig beschäftigen.

Der manualmedizinische Anwender sollte es sich zunächst etwas leichter machen, um seine tägliche Arbeit in den Mittelpunkt stellen zu können.

Während die Punkte 2 bis 8 einfach verständlich erscheinen, akzeptiert SFT Beobachtung 1 schlichtweg.

Aus den gelisteten acht Beobachtungen leitet sich die etwas unterschiedliche Betrachtungsweise der Distorsionen zum FDM ab.

Nachfolgend sind die Fasziendistorsionen aus dem FDM dargestellt, wobei im Anschluss die jeweils ergänzende oder abweichende SFT-Sichtweise beschrieben wird. Abschließend wird das Modell einer weiteren Distorsion (Gelenkkater/GK) besprochen, die nichts mit dem FDM gemein hat.

 

1.) Kontinuumdistorsion (CD)

 

Typaldos beschrieb in seinem FDM, dass Knochen und Ligament einer gemeinsamen Struktur entsprechen und beide dem selben Faszientyp zuzuordnen sind, der bandartigen Faszie. Die Distorsionen des „Kontinuums“ spielen sich in einer Übergangszone zwischen Ligament und Knochen ab. „Ligament“ bezeichnet dabei sowohl ein Band, wie auch eine Sehne.

Im bildgebenden Beispiel wird der Knochen als Eis betrachtet, das Ligament als Wasser und der Übergang als „Schneematsch“.

Dieser Vergleich vermittelt ein Modell, mit dem man sich die Dynamik in den Gewebsübergängen sehr gut vorstellen kann.

Nun kann in dieser Theorie, Eis wie auch Wasser in die Übergangszone „Matsch“ konfigurieren, was bedeutet, dass den Gewebsübergängen eine gewisse Flexibilität zugedacht wird. Diese Gewebsdynamik ist wichtig, um verschiedene Kraftübertragungen und Bewegungsabläufe zu ermöglichen.

Wenn sowohl der Knochen, wie auch die Sehne in diese Übergangszone eintreten, spricht man von einer Kontinuumdistorsion.

Kommt es in diesem Modell zu einem „Vorstehen“ von ossären Anteilen, so wird dieses als evertierte CD bezeichnet. Sind hingegen ligamentäre Anteile „vorgelagert“, so spricht man von einer invertierten CD. Der Knochen hat einen hohen Kalziumanteil und das Ligament einen geringen oder gar keinen. Es kann hiernach sowohl zum Einwandern von Kalzium in das Ligament, wie aber auch zum Eindringen von ligamentären Strukturen in den Knochen kommen. FDM geht davon aus, dass radiologische Befunde keine bildgebende Diagnostik für diese Theorie liefern können (z.B. Fersensporn).

 

Die CD aus Sicht von SFT

 

 

Die von Typaldos beschriebene CD ist bildgebend nicht direkt darstellbar.

 

Ossifikationen im ligamentären Teil des „Sehnen-Knochen-Komplexes“ können aber unterschiedliche Härtegrade haben (Der Schneematsch ist weicher oder härter). Den physikalischen Eigenschaften des Ultraschalls folgend, müssen kalzifizierende Sehnen an der Kortikalis fransiges Aussehen annehmen und ligamentäre Einschübe im Knochen „Mini-Usuren“ erzeugen. Letzteres würde auch zu einem fransigen Bild führen. Diese Erscheinungsbilder sieht man tatsächlich gelegentlich an ligamentär-ossären/ tendinös-ossären Übergängen.

Unterschiedliche Härtegrade von Kalk in den Sehnen, sind im MSU daran identifizierbar, dass die ligamentären/tendinösen Ossifikationen einen sogenannten „Schallschatten“ (siehe Kapitel „MSU“) aufweisen oder nicht.

Die bildgebende Auflösung vom MSU ist heute zumindest in der Lage, Eindrücke von den Übergangszonen zu gewinnen. Typaldos Theorie geht vermutlich aber von mesoskopischen oder mikroskopischen Störungen aus.

Der makroskopische Härtegrad (MSU) sichtbarer Ossifikationen kann jedoch eingeschätzt werden und damit auch die Beeinflussbarkeit durch die etwaige Therapiemaßnahme.

Die Erfahrung zeigt, dass die konservative Beeinflussbarkeit mit steigendem Härtegrad schwieriger wird, ohne dass durch diese Beobachtung ein konkreter Zusammenhang zum Schmerzmuster hergeleitet ist.

Im SFT wird davon ausgegangen, dass knöchernen Anbauten (viel Kalzium in den Ligamenten), quasi eine ossifizierte Fixation der evertierten CD darstellen, welche dann wiederum evertieren kann. Fortschreitende ossäre Anbauten stellen sich dann im MSU dar.

Fand dieser ossifizierte Umbau einmal statt, ist er nicht wieder reversibel. So ist die neu entstandene, verlagerte Übergangszone vermutlich weniger flexibel, da eine Ossifikationstendenz in diesen Abschnitten wohl weiter vorliegt. Die Schmerzursache kann in der neuen Übergangszone vermutet werden, aber auch in der nun vorliegenden, abweichenden Anatomie (Pathoanatomie) mit einhergehender Veränderung der Funktionalität. Bei Chronizität spielen zudem zentrale Schmerzmuster eine Rolle.

Es ist eine Hypothese, welche dadurch bestärkt wird, dass die Therapie bei osteophytär-ligamentären Sehnenkomplexen schwierig ist.

Es können aber auch einzelne Knochenpartikel im Sehnenmaterial vorliegen, welche im SFT-Modell als „Absprengung“ des evertierten Knochens oder als „Frost“ der Übergangszone (Schneematsch) gewertet werden. Eine Absprengung entsteht bei hohem ligamentären Zug und noch nicht erfolgter ossärer Fixation (traumatisch). Beim „Frost“ in der Übergangszone wird davon ausgegangen, dass Kalzium in der Übergangszone dynamisch agiert und sich bei einer Distorsion an der falschen Stelle anlagert. Kalzium kann je nach Konfiguration im Sehnenbereich spontan auftauen oder in Form eines schwimmenden Eisblockes persistieren. Bei einer therapeutischen Indikation kann vielleicht so unterschieden werden:

Je weicher dieses Material ist, desto besser ist es durch manuelle Maßnahmen und RSWT (Radiale Stoßwellentherapie) zu beeinflussen. Bei härterem Material findet gelegentlich FSWT (fokussierte Stoßwellentherapie) Anwendung. Eine ossifizierte Fixation sollte in Ruhe gelassen werden und nur bei zu erwartenden Sekundärfolgen operativ abgetragen werden.

Für eine funktionelle, orthopädische Analyse zu Therapiezwecken kann dieses Denkmodell eine Hilfe sein. Die klassische Anatomie der „Zerstückelung“ hilft bei funktionellen Fragestellungen nicht weiter.

 

Die, von Typaldos beschriebene, „anterior ancle continuum distortion (AACD), also die Distorsion des vorderen Knöchels ist eine häufige Verletzung beim Supinationstrauma. Während schulmedizinisch Überdehnungen oder Rupturen der Außenbänder am Knöchel (Lig. Talofibulare ant./post., Lig. Calcaneofibulare) vorliegen, sieht das FDM hier vor allem eine Distorsion im Sinne einer CD.

Bänder sind aus Sicht des FDM „Resultate des Präpariersaals“ und werden als verstärkte Bereiche im Gesamtfasziennetz betrachtet.

Ich durfte in den vergangenen Jahren einige AACD´s reponieren und sah in meinem Arbeitsfeld hierbei die bemerkenswertesten Erfolge meiner FDM-Therapie. Mein Daumen vermittelte mir allerdings ein anderes Feedback, als die Vorstellung eine evertierte CD zu behandeln. Es war eher das Gefühl, den gesamten Knochen zu verschieben und dabei auch die Oberfläche zu beeinflussen.

Darum sehe ich diese „Schlüsseldistorsion“ für das Obere Sprunggelenk als Mobilisation eines Fibrillären Chaos (MFC) mit knöcherner Beteiligung an.

 

Fallbeispiel CD:

 

Am 11.11.2016 kam eine Patientin mit der Diagnose: „Blockierung Fußwurzel links, muskuläre Dysbalancen“ zu uns in die Praxis. Die Patientin geriet am 09.06.2016 mit ihrem Fuß zwischen zwei Felsbrocken, als sie einen Tagesausflug an die Ostsee machte. Hierbei verklemmte der Fuß. Die Dame humpelte auf dem Vorfuß an zwei Unterarmgehstützen in den Therapieraum. Ihr Fuß war vom Knöchel bis zu den Zehen massiv geschwollen und sie trug eine weite Sandale. Die Funktionstests zeigten eine ausgeprägte Einschränkung der Dorsalextension im Sprunggelenk und die Belastung in ihrer dauerhaft eingestellten Plantarflexionsstellung war sehr schmerzhaft. Die 65-jährige Dame klagte zudem an diversen anderen Fußbereichen (Mittelfuß, Zehen 2./3. Strahl) über Schmerzen.

Bei meiner Aufforderung einen Zehenspitzenstand zu demonstrieren, guckte sie mich fragend an. Sie hielt diesen Übungsauftrag für ausgeschlossen und zeigte dann einen hilflosen Versuch. Im MSU war eine leichte Schwellung im Sprunggelenk zu sehen, sowie ausgeprägte Weichteilschwellungen des gesamten Mittelfußes mit kleinen, knöchernen Impressionen des zweiten und dritten Strahles vom Mittelfuß. Eigentlich waren es aber, die schon bei der äußeren Blickdiagnostik zu erwartenden Bilder.

 

 

Dieses MSU-Bild zeigt den

 

Mittelfußbereich (13Mhz

 

und 2cm Tiefe) mit exemplarischer

 

Weichteilschwellung auf Höhe des

 

dritten Strahles.

 

 

Therapie: AACD. Aufgrund der extrem starken Schmerzen war mir bewusst, dass die Patientin es vermutlich nur einmal zulassen würde, meine geplante Mobilisation (MFC) durchführen zu lassen. Im FDM gilt bei CD´s die „Alles oder Nichts-Regel“! Das bedeutet, dass man entweder, direkt in einem Versuch  oder gar nicht hilft.

Ich entschied mich, die Mobilisation mit langsam steigerndem Druck auszuführen. So dauerte die Therapie etwa zwei Minuten (am Ende mit VAS 10). Es war ein deutliches Nachlassen des Gewebes („Release“) zu spüren und ich griff einmal etwas von medial nach lateral um und führte den Griff dort fort. Ich beschreibe meine Daumengefühle, weil ich jeden Therapeuten ermutigen möchte, seinem persönlichen Sinn zu folgen. Nach zwei schmerzhaften Minuten ließ ich die Patientin aufstehen und zu ihrem Erschrecken konnte sie wieder laufen. Erneut forderte ich sie auf, den Zehenspitzenstand zu versuchen und auch das funktionierte nahezu schmerzfrei. Sie bekam die Anweisung, draußen 10 Minuten zu laufen. Einige Tage später folgte der zweite Termin, zu welchem sie mit einem leichten „Resthumpeln“ ohne Stützen in die Praxis kam. Der Fuß war abgeschwollen und ihre Restbeschwerden lokalisierten sich im Bereich der Zehengrundgelenke (zweiter und dritter Strahl).

Die weitere Therapie war nun das Ausstreichen von Triggerbändern (siehe SFT-Sicht) und die Mobilisation der Mittelfußknochen. Die Beschwerden reduzierten sich fortlaufend und der linke Fuß wurde seinem rechten Pendent zunehmest ähnlicher. Am 20.01.17 (gesamt 12 Behandlungen) war die Patientin in der Lage zwei Stunden schmerzfrei spazieren zu gehen. Noch eindrucksvoller ist die Anwendung bei akuten Supinationstraumen. Die Maßnahme dauert manchmal wenige Sekunden und kann zur sofortigen Sportfähigkeit führen, sofern beim Trauma keine größeren Defekte am Kapsel-Bandapparat entstanden sind. Die MFC/AACD löst eine Art „Bindegewebsblockierung“ und verbessert die Funktionalität der Fibrillen in diesem Bereich offensichtlich. Die Flüssigkeitszirkulation zum Fuß scheint mit dieser Verdrehung in Verbindung zu stehen. Aus diesem Grund wende ich den Griff auch bei Achillodynien oder ähnlichen Pathologien an, wenn die Kausalität unbekannt ist (flankierende Maßnahme). Hier liegt die VAS-Angabe dann bei 7-10.

 

2.) Das Triggerband (TB)

 

Als Triggerbänder werden Faszienverdrehungen bezeichnet, die sogenannte bandartige Faszien betreffen, z.B. im Verlauf des Muskel-Sehnen-Komplexes.

Im FDM spielen dabei Querfasern (Crosslinks) dieser Faszien eine entscheidende Rolle und deren Rupturen, folgende Reparaturen und schließlich Adhäsionen. Es ist ein Modell, mit dem sich sehr gut arbeiten lässt.

 

Im SFT-Modell wird das TB jedoch etwas abweichend beschrieben:

 

Bei bandartigen Strukturen ist die dreidimensionale Fibrillenaktivität hauptsächlich bidirektional, weil die Fibrillenausrichtung der überwiegend linearen Kraft folgt (Hauptkraftrichtung). Um Scherkräfte aufnehmen zu können, haben die Fibrillen die Fähigkeit, sich zu teilen, zu dehnen, oder dreidimensional tätig zu werden. Das natureigene Bestreben, die Ausgangsposition wieder einzunehmen ist durch eine endogene Spannung gewährleistet. Es ist vergleichbar mit einem Kinesiotape, welches unter Vorspannung auf seine Trägerfolie appliziert wurde.

Mit wachsenden oder repetierenden Scherkräften können Fehlsteuerung oder Schäden der Extrazellulärmatrix (EZM) entstehen und die Fibrillen ihre Funktion der „automatischen Ausgangsstellungsrückkehr“ verlieren, oder fehlgerichtet arbeiten.

 

Ihre ursprüngliche Flexibilität ist durch eine „chaotische“ Anordnung und Arbeitsweise gegeben. Die Extrazellulärmatrix ist das Grundgerüst des menschlichen Körpers; es bildet das eigentliche Kontinuum.

 

Zelluläre Verletzungen (z.B. Muskelfaserriss, Sehnenruptur) können die Folge sein, wenn Kraftspitzen oder repetierenden Kräfte in der EZM nicht ausreichend aufgefangen werden (Stoßdämpfersystem im Kontinuum).

Es läuft wie bei einem gedehnten Gummiband ab, das unter fortlaufender Dehnungsbelastung seine endogene Spannung verliert oder bei starker Überdehnung spontan rupturiert. Je besser die EZM superkompensatorisch (Erläuterung folgt) trainiert wurde, desto höhere Kräfte kann sie aufnehmen. Im Gegensatz zum Gummiband, lässt sich die EZM trainieren und erneuern.

Wie von Guimberteau beschrieben, sind Vernarbungen ein bleibendes Problem. Das Narbengewebe stopft nur das Loch und kann nicht dynamisch agieren.

Mit fortschreitendem Lebensalter verlieren Fibrillen u.a. die endogene Spannung und Kräfte müssen frühzeitiger muskuloskelettal kompensiert werden. Die Verletzungsgefahr bei intensiven Belastungen steigt an und der Spannungsverlust bedeutet zugleich Leistungsverlust.

Beispiel: Im Ausdauersport ist es bekannt, dass Krafttraining mit steigendem Lebensalter einer größeren Gewichtung bedarf, um die Ausdauerleistung aufrecht zu halten. 

Sportler klagen häufig über Triggerbänder („ziehen entlang einer Sehne oder  eines Muskels“). Haben diese Triggerbänder noch nicht zu zellulären Verletzungen geführt, so können sie meist mit wenigen tief und langsam angesetzten Daumentechniken beseitigt werden.

 

Das Gewebe bekommt so seine ursprüngliche Funktionalität zurück.

 

Auch postoperativ zeigen Patienten (z.B. Weber-Frakturen) sehr häufig lineare Schmerzverläufe (bei Weber-Frakturen oft im Wadenbereich). Für jeden FDM-Therapeuten ist diese Therapie eine dankbare und meist kurzweilige Aufgabe.

 

Ein Sonderfall im SFT sind sog. „Wanderbänder“ , die FDM so nicht beschreibt. Hierbei handelt es sich um schnell wechselnde Schmerzverläufe, bei Verletzungen von tieferen Strukturen (z.B. Labrum-Riss an der Schulter oder ROMA-Rupturen). Behandelt man bei diesen Verletzungen die Triggerbänder, so zeigt der Patient u.U. nach jedem behandelten Bereich einen neuen Schmerzverlauf. Diesem zu folgen, ist für den Patienten nicht nur schmerzhaft, sondern aus SFT-Sicht auch wenig erfolgsversprechend.

 

FDM beschreibt hierbei versteckte Distorsionen, z.B. der Faltfaszien.

 

Aufgrund der Kontinuum-Theorie trennt SFT Triggerbänder und Faltfaszien nur bedingt (siehe Faltfaszien).

 

Alois Brügger („Brügger-Therapie“) beschrieb ab 1958 in seinen Beobachtungen sog. hypertone und hypotone Tendomyosen, die zu einem NSB (Nozizeptiven Somatomotorischen Blockierungseffekt) führen. Das folgende Patientenbeispiel zeigt auf, dass auch von Brügger empfohlene Haltungskorrekturen bei diesen Beschwerden ein Schlüssel sein können. So finden sich in verschiedenen Gedankenmodellen ähnliche Therapieansätze, die meist aus persönlichen repetitiven Erfahrungen entstanden sind. Neue Wege entstehen bekanntlich erst beim Gehen und können erst später auf ihre Evidenz überprüft werden.

Fallbeispiel Triggerband (TB) funktionell ("vorgetäuscht")

Zeichen einer degenerativen Veränderung der ROMA mit Unregelmäßigkeiten am Humerus im Insertionsbereich des SSP.

Im MSU lokalisieren sich Rupturen des M. Supraspinatus (SSP) oft ansatznah am Humerus und weisen hierbei das Bild eines „rauen Knochens“ auf (bandartige, knöcherne Faszie). Fragestellung:

Verlust der „Dreischichtigkeit?“

Nur eine dynamische Untersuchung

konnte klären, ob es sich um eine Partialruptur oder eine transmurale

Ruptur des SSP handelt, da die Bursa

 hierbei den Raum des SSP einnimmt.

 

Totalruptur SSP (13 MHz, 25mm, longitudinal), siehe Kapitel: MSU

 

Diese 72-jährige Patientin zeigte in ihrer Schmerzgestik ein vorderes und hinteres Armtriggerband.

Da die passive Abduktion im Test deutlich schmerzfreier als die aktive war, wurde zunächst der SCHTP (supraclavikulärer Hernientriggerpunkt) als „Schlüsseldistorsion“ behandelt. Direkt nach der Behandlung war die schmerzfreie Bewegungsfreiheit der Schulter deutlich erweitert. Beim Folgetermin zeigte sich die Schulter wie vor der ersten Behandlung. Der Versuch zunächst die Triggerbänder zu beseitigen, führte zu wechselnden Schmerzbeschreibungen („Wanderbänder“).

Eine Haltungskorrektur mit Aufrichtung der BWS ergab spontane Verbesserung der Beschwerden und die anschließende Behandlung vom SCHTP führte zur Beschwerdefreiheit. Die Triggerbandgestik war aufgehoben.

Diese wurde in der KG (insgesamt 2 Rezepte, je sechs Behandlungen) weitergeführt, sowie mit Haltungskorrektur (BWS/HWS) und sanften aktiv-assistiven  Bewegungsübungen (orientiert an einer degenerativen ROMA-Ruptur) begleitet, bis die Patientin im Alltag wieder gut zurecht kam.

Im FDM können „tiefere“ Distorsionen „oberflächige“ vortäuschen.

 

Fallbeispiel Triggerband (TB) strukturell („echt“)

 

Ein 49-jähriger Breitensportler wollte sich seinen Traum vom New York Marathon erfüllen. Er war nicht besonders ausdauertrainiert und gewöhnte sich im Training an zunehmende Distanzen.

Es war Ende August 2016 und für den November des gleichen Jahres war die Teilnahme gebucht. Seit geraumer Zeit hatte er ein heftiges Ziehen im dorsalen Oberschenkel, was seine Laufstrecke immer mehr einschränkte und schließlich vollends zum Erliegen brachte.

Der MSU zeigte unversehrte Muskulatur, auch über dem Hauptschmerzpunkt, welcher im Verlauf vom M. Biceps femoris lokalisiert war.

Seine Schmerzgestik war linear und er äußerte ein „stechendes“ Gefühl beim Laufbandtest.

 

Therapie: Triggerbandtechnik, anschließend Weichteilmobilisation

 

Ergebnis: nach einmaliger Behandlung schmerzfrei und 5km Laufen ohne Schmerzen

 

Er bat darum, seinen weiteren Trainingsaufbau mit manuellen Techniken zu unterstützen und erfüllte sich seinen Traum vom New York Marathon.

Akute Triggerbänder sind eine der dankbarsten physiotherapeutischen Aufgaben. Sie sind erstaunlich simpel zu behandeln. Die Druckstärke, Drucktechnik und Geschwindigkeit des Daumens sind hierbei die Schlüssel. Auch die RSWT kann hier zum Einsatz kommen.

SFT empfiehlt die Reihenfolge: „Erst mit der Hand, dann mit der Maschine.“

Wenn eine Schmerzauflösung mit beiden Maßnahmen nicht funktioniert, so liegen nicht ausschließlich akute Triggerbänder vor.

 

3.) Der hernierte Triggerpunkt (HTP)

 

Den „hernierten Triggerpunkt“ sah Typaldos nicht wie einen myofaszialen Triggerpunkt in der sogenannten Triggerpunkttherapie.

Er beschrieb an glatten, parallel liegenden Faszien eine Lücke, durch die Gewebe „protrahieren“ könne. Dabei handele es sich um physiologische Lücken, durch die beispielsweise Gefäße oder Nerven verlaufen. Bei den Pathomechanismen spielen unter anderem Druckveränderungen wie Niesen oder Heben eine Rolle.

In der Therapie wird das protrahierte Gewebe durch die Lücke zurückgedrückt.

 

Im SFT-Modell wird der HTP differenziert gesehen:

 

A.) Der HTP wie im FDM

Fallbeispiel SCHTP:

Ein 67 jähriger Patient mit Morbus Parkinson (Manifestation im Alter von 39 Jahren) klagte während seiner neurophysiologischen Therapie über Schulterschmerzen. Er war seit einigen Jahren mit einem Hirnschrittmacher versorgt. Die jahrelang fortschreitende Krankheit mit Spastizität und Haltungsschäden führte bereits zu mehreren orthopädisch-chirurgischen Eingriffen an der LWS und HWS. Da die Schulter über die Jahre nur einen von vielen Nebenbefunden darstellte, wurde ihr wenig isolierte Aufmerksamkeit geschenkt.

Nun klagte der Patient in einer Therapieeinheit jedoch über stärkere Schulterschmerzen, so dass das Gelenk genauer untersucht wurde.

Es lag eine kapsuläre Einschränkung vor (AR/IR) und eine bei 70° limitierte Abduktion des Armes mit festem und schmerzhaftem Bewegungsanschlag. Der Patient beschrieb seine Schulter als „gelähmt“.

Die Therapie bestand aus der sog. SCHTP-Technik des FDM („Murmel durch eine Lücke schieben“ -Technik).

SCHTP= Supra Claviculärer Hernien Trigger Punkt,

Dauer: 2 Minuten/ Ergebnis: Abduktion schmerzfrei und nur noch durch die kyphotische Körperhaltung limitiert (ca.130°).

 

B.) Der HTP wird „platt gedrückt“

 

Auch an den klassisch, im FDM beschriebenen Lokalisationen, gibt es nach SFT Triggerpunkte im Sinne von myofaszialen Triggerpunkten, welche darauf reagieren, einer Ischämie ausgesetzt zu werden, indem sie „platt gedrückt“ werden.

Mit der „Brille der Fibrille“ ist es, wie beim Triggerband beschrieben, vorstellbar eine „Bindegewebsblockierung“ zu lösen und ein fehlgesteuertes Faserkonvolut zu lösen. Es entsteht, wie beim FDM-HTP, ein „Release-Gefühl“, welches sehr viel dezenter ausfällt, als bei der „Murmeltechnik“.

 

C.) Der „HTP-Schlitz“

 

Manchmal lässt sich eine etwas größere „Lücke“ ertasten, wobei der Griff dann mehrfach nachkorrigiert werden muss. Es  kombinieren sich dann beispielsweise, der im FDM beschriebene Nacken- und Schulter- SCHTP, in Form einer fortlaufenden „Lücke“. Das Ergebnis ist jedoch selten so ausgeprägt wie bei der klassischen Hernie nach Typaldos.

Diese Beschreibungen mögen ermutigen, den eigenen Fingern zu vertrauen.

 

Das Gewebe ist so, wie man es vorfindet.

 

SFT wählt die FDM-Beschreibung von parallel verlaufenden Faszienschichten nicht, weil die gemeinsame Funktionalität eine Abkehr vom anatomischen Schichtensystem bedeutet.

 

4. Die Faltdistorsionen (FD)

 

Die Faltfaszien beschreibt FDM als eng um die Gelenke liegende, dreidimensionale Strukturen, welche zur Stoßdämpfung beitragen, aber auch Zugkräfte aufnehmen können. Die Funktion wird mit einem „Faltenbalg“ verglichen, der sich ein- und ausfalten kann. Kommt es zu einem Unfallmechanismus mit Gelenkbeteiligung, so kann es in diesem Modell dazu führen, dass die Faltfaszien ihre Fähigkeit verlieren, sich weiterhin frei in alle Richtungen zu falten. Sie verbleiben dann eventuell in „Einfaltungs-“ oder „Ausfaltungsstellung“. Da dieser Zustand keine Verletzung im eigentlichen Sinne darstellt, erfolgt auch kein Wundheilungsmechanismus. Der Körper vermag es in diesem Modell zu kompensieren, in dem die täglich einwirkenden Reize (Belastung/ Entlastung, Bewegungsabläufe) zur vollständigen Ein-/oder Ausfaltung führen. Zudem können gelenknahe Schwellungen zur Wiederherstellung des Urzustandes beitragen, da sie die „Faltfaszien“ vorübergehend aufspannen.

Die Therapie richtet sich nach der schmerzfreien Richtung (Druck oder Zug).

 

Das Arbeiten mit Faltdistorsionen ist für den Therapeuten und Patienten unproblematisch, da es schmerzfrei ist. Nach SFT- Einschätzung, ist es damit einigen chiropraktischen oder manualmedizinischen Verfahren überlegen und die Anzahl von Patienten mit Schmerzen nach dieser manuellen Anwendung ist niedrig.

 

Ergänzungen der FD nach SFT:

 

Im vorübergehend dividierten Kontinuumdenken gehören zum gelenknahen Gewebe anatomische Strukturen wie der Kapsel-Bandapparat, die gelenkführenden Ligamente und intraartikuläres Gewebe. Betrachtet man zum Beispiel ein Kniegelenk, so wären dies unter anderem die Menisken, der Gelenkknorpel, die Kreuzbänder und das Hoffa´sche Fettgewebe. Als extraartikuläre Weichteilgewebe sind Strukturen, wie Bursen oder das präfemorale Fettgewebe zu nennen. Der Recessus suprapatellaris ist durch seine Verbindung zum Gelenkinnenraum, bei äußerer Lage gut dafür geeignet mit oder ohne anatomischem Schichtensystem zu denken. Im Schichtensystem ist er eine Ausstülpung der Kapsel, eine Bursa, ein Reserveraum und somit Teil des Kniegelenkes. Ohne Schichtensystem, im Kontinuumdenken, erkennt man einen Übergang vom Recessus suprapatellaris in den M. subcrureus (M. articularis genus), zum präfemoralen und suprapatellaren Fettgewebe. Guimberteau und Armstrong haben aufgezeigt, dass man heute so denken sollte. Diesen Hintergrund sollte man sich auch bei den klinischen Tests bewahren, wenn man unter Punkt 1 nach Intraartikulären oder extraartikulären Störungen dividiert. Für ein analytisches Denken benötigt man beide Sichtweisen. Damit kann man Schwerpunkte setzen, bei gleichzeitiger Beachtung des Kontinuums.

 

Bei einem Kniegelenkstrauma mit anschließendem intraartikulärem Erguss ist durch die Gelenkkapselschwellung sowohl die Flexion, wie auch die Extension schmerzhaft bewegungseingeschränkt. Je nach Unfalltrauma liegen bekannte Kombinationsmuster aus Meniskus- und Bandverletzung vor. Gerade in Frühphasen dieser Verletzungen sind möglicherweise sowohl Druck-, wie auch Zugbelastung schmerzhaft. Betrachtet man das gesamte Gewebe im FDM-Faltmuster und respektiert, dass sowohl Zug, als auch Druck schmerzhaft sein können, lässt sich sogar bei schwereren Verletzungen gut damit arbeiten. Die Therapie muss immer schmerzfrei sein.

 

Einschränkungen sind zum einen dann gegeben, wenn unverzichtbare Stabilitätsparameter eines Gelenkes verletzt sind. Am Knie sind hauptsächlich das Lig. cruciatum anterius, das Lig. collaterale laterale, sowie das mediopatellofemorale Ligament (MPFL) zu nennen.

Zum anderen wird es mit konservativer Therapie schwierig, wenn strukturelle Ausrisse stattfanden (Knorpel oder Knorpel/Knochen als freie Gelenkkörper/ OCD/ Osteochondrosis dissecans). Da es im „Schwarz-Weiß-Denken“ manche „Grau-Gradienten“ gibt, sollte jeder Fall einzeln überdacht werden.

Bei den genannten Verletzungen ergeben sich jedoch häufig Indikationen zu einer OP. Auch für FDM kann eine Operation eine legitime Therapie sein. Dieses wird aufgrund des Verzichtes bildgebender Verfahren manchmal missinterpretiert. Das SFT-Konzept soll auch dabei helfen, eine Entscheidung „Konservativ versus OP“ treffen zu können.

 

Fallbeispiele Faltdistorsionen (Entfaltung/Einfaltung):

 

Beispiel 1 Entfaltung:

 

Faltdistorsionen begegnen uns täglich. Sie sind sehr verbreitet und wir sollten lernen, sie zu erkennen. Denn manchmal können sie sich gut verstecken.

Während ich diese Zeilen verfasste, kam eine 65 jährige Patientin zu mir in die Praxis, die im Juni 2017 eine Knieprothese im linken Bein erhielt. Sie klagte seit der Operation über zunehmende Schmerzen in der linken Becken-Hüftregion. Insbesondere das Treppen-Heraufsteigen verstärkte den Schmerz, aber auch jeder gewöhnliche Schritt tat weh. Sie kam in einer depressiven Grundstimmung in die Befundaufnahme. Im Gangbild war eine schmerzhafte Belastungsphase (links) sichtbar, mit einem Gangbild vom Typ Duchenne. Beide mediale Fußgewölbe überpronierten    (links > rechts). Das prothetische Kniegelenk zeigte sich postoperativ reizfrei und gut beweglich (0-0-120). Ihr Hüftgelenk war in Rückenlage in beiden Rotationsbewegungen (AR/IR) in Kombination mit Flexion/Extension schmerzfrei. Beim Stufentest (eine hohe Treppenstufe) zeigte die Patientin eine FDM „Bullseye-Gestik“ (Gesäßschmerz im Bereich des M. piriformis), allerdings war sie dabei etwas auf der lokalen „Suche“.

Da das „Bullseye“ im FDM als Schlüsseldistorsion des Hüftgelenkes gilt, behandelte ich es zur diagnostische Abklärung. Ich wiederholte den Gang- und Stufentest und die Patientin hatte die gleiche Symptomatik wie zuvor. Daraufhin untersuchte ich im MSU das Hüftgelenk, sowie die pelvitrochantären Weichteile. Im Seitenvergleich zeigte sich keine kapsuläre Differenz, keine Bursitis trochanterica (siehe Kapitel MSU), aber einige Hypoechogenitäten im Weichteilgewebe, die als Überlastungszeichen bewertet werden konnten. Jetzt ließ ich die Patientin mit der Aufforderung, das linke Bein in starker Außenrotation aufzusetzen, erneut laufen. Die Patientin gab nun weniger Schmerzen an, während Innenrotation den Schmerz verstärkte. Die Reaktion stellt ein bekanntes Muster bei pelvitrochantärer Symptomatik dar. Die resultierende Probebehandlung bestand aus mehreren schmerzfreien Entfalttechniken des linken Hüftbereiches in Flexion und Extension, in Kombination mit IR /AR (ruckartiges Ziehen am Hüftgelenk). Beim nächsten Gangversuch war schlagartig die depressive Grundstimmung verschwunden. Die Patientin lief zügig über den Flur und sagte strahlend: „Viel besser.“ Prognostisch war es nachfolgend davon abhängig, durch welches Muster ihr Gewebe „sich verdreht“ hatte. Es war genauso denkbar, dass die Gewebsverdrehung (Faltdistorsion) bereits intraoperativ ausgelöst wurde, wie auch postoperativ durch eine veränderte Beinachse, pathologisches Fußgewölbe oder fehlerhaften Belastungsaufbau.

Im Laufe der folgenden Behandlungen stellte sich heraus, dass die Patientin eine Unterstützung des medialen Fußgewölbes benötigte, um nicht in ihr Muster zurückzufallen. Mit dieser Veränderung und einigen manuellen Behandlungen konnte der Schmerz anhaltend deutlich reduziert werden.

 

Beispiel 2 Einfaltung:

  

Ein großes Hobby von mir ist der Langstreckenlauf. Schon seit ich denken kann, spielte Sport in meinem Leben eine wichtige Rolle. Jede Sportlerkarriere wird durch verschiedenste Akutverletzungen oder Überlastungssyndrome begleitet, so auch meine. Es sind oft eigene Verletzungen, die einem helfen, funktionelle oder biologische Prozesse im Körper besser zu verstehen. Typaldos entdeckte zum Beispiel bei einer eigenen Einschränkung in der Pronations-/Supinationsebene die funktionelle Bedeutung der Membrana interossea zwischen Radius und Ulna für sein FDM. Im Folgenden schildere ich ein jüngeres Beispiel, eines selbstdurchlebten Ereignisses aus dem Dezember 2016. Während meines Wintertrainings bestand eine meiner wöchentlichen Trainingseinheiten aus einem Intervalltraining, welches ich im Gelände absolvierte. Dabei lief ich jeweils 45 Minuten lang eine 500m- Runde im Wechsel langsam und schnell. Die Runde führte gegen den Uhrzeiger leicht bergab und wieder bergauf. Die Geschwindigkeit pendelte dabei zwischen 12 und 17 km/h. Die Kurven führten zum Teil im 90°-Winkel über rutschiges Gelände. Es entstand schleichend, eine linksseitige, mediale Knieüberlastung. Ich hatte es versäumt die Laufrichtung gelegentlich zu wechseln. Auf dem Sportplatz gehört es zur Trainingsroutine und auch in diesem Fall wäre es sinnvoll gewesen. Mein Kniegelenk schwoll nach dem Training an und ich spürte ein mediales, strukturelles Einklemmen. 20 Jahre zuvor hatte ich an diesem Knie beim Fußball einen Einriss des Lig. collaterale mediale erlitten.

 

Befund am nächsten Morgen:

 

Das Gelenk war bei etwa 0-10-75 Extension/ Flexion bewegungslimitiert. Die  Meniskustests waren positiv und leichter Innenbandstress verursachte ebenfalls Schmerzen. Im MSU war ein ausgeprägter Gelenkerguss im Recessus Suprapatellaris sichtbar.

In weiteren Tests (Einfaltung/ Entfaltung) verursachte Zug wesentlich mehr Schmerzen, als Druck. Der Druck war insbesondere im Stand mit leicht flektiertem Bein (auf einem Hocker) bei Außenrotationseinstellung des Unterschenkels angenehm. Insgesamt war die Beweglichkeit für ein einigermaßen erträgliches Gangbild ausreichend, bei automatischer Co-Kontraktion der kniegelenksumgebenden Muskulatur. Ich legte mir ein Kinesiotape (Ergusstape) an und schnürte die Laufschuhe. Darauf testete ich vorsichtig, ob bei lockerem Jogging ein mediales Einklemmgefühl entstehen würde. Als dieses ausblieb, steigerte ich mein Lauftempo. Ich merkte, dass das schnelle Laufen auf dem Vorfuß deutlich besser ging. So absolvierte ich 8 Steigerungsläufe über 200 Meter mit Gehpause und fühlte mich zunehmend besser.

Am nächsten Tag war die Schwellung etwas zurückgegangen. Das war für mich ein klares Indiz dafür, dass meine Maßnahmen richtig dosiert waren. Während meines Arbeitstages (Behandlungen), stellte ich den linken Fuß immer wieder auf einen Hocker und mobilisierte mein flektiertes Knie in die angenehme Rotationsrichtung (leichte AR). Die Grenze gab mir mein individuelles Schmerzgefühl vor.

Auf diese Weise wurde das Knie Tag für Tag freier, schlanker und nach etwa drei Wochen konnte ich völlig normal trainieren. Die Knieflexion unter voller Belastung (Kniebeuge, Fersensitz) sendete noch einige Monate Schmerzsignale und ich vermied sie über diesen Zeitraum. Heute ist das Gelenk frei beweglich, voll belastbar und absolut asymptomatisch.

 

Fazit:

 

Alle Beispiele der FDM-Denkweise (leicht modifiziert im SFT-Konzept), zeigen auf, dass bildgebenden Befunde kritisch gesehen werden sollten. Das heißt für SFT jedoch nicht, dass sie keine Bedeutung haben.

 

Im SFT- Konzept sind die MSU Bilder bei vielen Indikationen ein sehr hilfreiches diagnostisches Mittel, um die passende Therapie zu finden.

 

5. Zylinderdistorsion (CyD)

  

Die Zylinderdistorsionen werden im FDM als das Chamäleon beschrieben. FDM fasst darin plötzlich auftauchende, einschießende Schmerzen und neurologische Symptome, wie Parästhesien, Kribbeln usw. zusammen. Die Theorie geht davon aus, dass die Zylinderfaszien in der Haut vorkommen und zudem die Gefäße und Nerven ummanteln. Ihre spiralförmige, scherengitterartige Form ist namensgebend, zylindrisch. Die Nähe zu Gefäßen und Nerven kann somit auch unmittelbare, „einschießende“ Auswirkung auf diese Gewebe nehmen.

 

Anmerkung zu den CyD nach SFT: Neueste wissenschaftliche Erkenntnisse in der Faszienforschung zeigen, dass der Körper in der Lage ist, nicht nur vorhandenes Gewebe (Zylinderfaszien) schlagartig zu „verspannen“, sondern auch eine „einschießende“ Neubildung der Fibrillen auszuführen  („Geheimnisvolle Welt unter der Haut“). Es wurden in der Vergangenheit verschiedene Theorien zur Wirksamkeit der Akupunktur analysiert, eine neue ist nun diese fibrilläre Reaktionsweise. Beim Einstechen in die Haut werden die Nadeln sofort von fibrillärem Gewebe umfasst, was bei Herausziehen wie ein Widerstand anmutet.

FDM sagt den Zylinderfaszien eine hohe Bedeutung für die Tastwahrnehmung und Druckempfindlichkeit nach.

SFT möchte hinzufügen, dass die verschiedenen sensorischen Reizempfänger (mechanische, chemische und thermische Rezeptoren) nur eine Lebensdauer von wenigen Tagen haben, so dass auch hier ein Ansatz für kurzzeitig anhaltende, starke Schmerzen gesehen werden kann („Schmerzen verstehen“ von Butler und Moseley).

 

6. Tektonische Fixation (TF)

 

Die letzte von Typaldos beschriebene Distorsion beschreibt eine schmerzfreie Gewebsveränderung. Glatte Faszienschichten, die normalerweise gegeneinander Gleiten, haben eben diese Eigenschaft verloren. Es resultiert hieraus eine Gewebssteifheit. Die verschiedenen Faszienschichten benötigen für ihr Gegeneinander Gleiten einen zwischenliegenden Flüssigkeitsfilm. So gleitet die Bursa subacromialis subdeltoidea beispielsweise gegen die namentlich enthaltenen Muskelanteile. Erfolgt nun in einem Areal wenig Bewegung, so kommt es zur Versteifung. Dieses führt zu verminderter Flüssigkeitsproduktion. Daraus resultiert ein geringeres Gleiten…ein Circulus vitiosus (Teufelskreis).

In dem beschriebenen Beispiel könnte ein funktionelles Impingement mit sekundärer Kapseleinschränkung resultieren.

 

Der Gelenkkater (GK) Fallbeispiel+ Erklärungsmodell

 

Ein 60-jähriger Marathonläufer, der in den vergangenen Jahren die „big five“ (fünf größten Marathons weltweit) absolvierte, kam mit dem Wunsch in die Praxis, erneut eine Langdistanz zu absolvieren. Er hatte seit etwa einem Jahr innenseitige Knieschmerzen und lief nur noch humpelnd Strecken zwischen fünf und fünfzehn Kilometern. Die Untersuchung, nach einer 30-minütigen Vorbelastung auf dem Laufband, ist hier in schulmedizinischer Vorgehensweise kurz zusammengefasst:

 

Anamnese: Schmerzen seit fünf Jahren am rechten Knie, seit einem Jahr vermehrt. Das Auftreten verstärkt sich im Zusammenhang mit Laufbelastung, sonst herrscht aktuell Beschwerdefreiheit. Patient: „Es gab eine kurze Episode mit Ruheschmerz. Der Schmerz ist eher innenseitig, tief, verteilt sich dann.“

  

1. Welcher Teil des Arthrons? Intraartikulär versus extraartikulär?

  •  eher intraartikulär

2. Welcher Art ist die Störung? Mechanisch versus Entzündlich?

  •  Mechanisch

3. Mechanisch: traumatisch, degenerativ, tumorös?

  •   Degenerativ

4. Welchem bekannten Krankheitsbild ist es zuzuordnen?

  •   Meniskusschaden, Knorpeldegeneration, mediale Gonarthrose

Gangbild/ Laufbild: Auf dem Laufband sieht man „unrundes“ Laufen während der Belastungsphase und Anspannung im Sinne von knieumgebender Co-Kontraktion, Überpronation der Fußgewölbe (nur barfuß, da im Sportschuh bereits durch Einlagen ausgeglichen).

 

5. Palpation: Temperatur o.B, Kontur/Struktur: leichter medialer Druckschmerz im Seitenvergleich

 

6. Funktionsprüfung:

  • Passive + aktive Bewegung: endgradiger Druckschmerz med. Gelenkspalt (Flex, AR)
  • aktive Bewegung unter Belastung (Kniebeuge): endgradiger Druckschmerz medial
  • Gelenkdruck (Flexion mit Kompression): „eher unangenehm“
  • Gelenkzug (Traktion von Flexion in Extension): „eher angenehm“

 (Im FDM wäre dies der Test für „Einfaltdistorsion oder Entfaltdistorsion“)

  

7. Stabilität: o.B. (mediale Stabilität: Lig. collaterale mediale, dorsomediale Kapsel, M. semimembranosus, Pes anserinus)

 

8. Spezifische Tests, medialer Gelenkanteil, Meniskus (z.B. Payr-Zeichen, Thessaly, Steinmann- siehe Kapitel „XY“): „leicht positiv“

 

9. MSU: Schnittebene 2.1 (K/RSP): Gelenkerguss, sonst o.B.

 

 

13 Mhz, 25mm,Gelenkerguss                                                      Beispiel: med. Gelenkspalt dynamisch untersucht    

 

 

 10. Hinzuziehen des bekannten MRT Befundes:

  • Chrondromalazie (CM) 2.° retropatellar, trochlear
  • Chrondromalazie (CM) 3.° medial
  • Ganglion AM-VH, AM-Ruptur, IM-Ruptur
  • Varus 3° rechts (links 1,5°)

Chirurgische Therapieempfehlung: bei Beschwerdepersistenz ASK, ggfs. Achskorrektur

  

Blickdiagnostik FDM: Die Schmerzgestik des Patienten zeigt ein Umgreifen des Gelenkes.

  

Der Therapieansatz bestand aus therapeutisch-diagnostischen Entfalttechniken (Zug) in verschiedenen Winkeln und Richtungen (schmerzfrei) . Es konnte keine spürbare/nachhaltige Verbesserung erzielt werden. Re-Test: Der Patient sollte am nächsten Tag fünf Kilometer laufen.

 

Warum hat der Patient Schmerzen? Wie erklärt FDM diesen Schmerz?

Wir nehmen zunächst einmal an, die Entfalttechniken wurden korrekt (im Sinne von FDM) ausgeführt und haben trotzdem zu keiner Besserung geführt.

 

Fragen, Gedanken und Hypothese

 

Frage: Wann liegen im FDM Faltdistorsionen vor? Was sind die Faltfaszien? 

 

Antwort: Die Gelenkkapsel; vielleicht die extrazelluläre Matrix, die umliegendes Gewebe mit der Kapsel verbindet; die interossären Membranen (IOM) und die intermuskulären Septen (IMS).

 

Frage: Wozu gehören die Menisken, die Synovialflüssigkeit und der hyaline Gelenkknorpel?

 

Im FDM lässt sich generell mit der Ein- und Entfaltung sehr gut arbeiten. Was aber, wenn man doch in Strukturen denkt (analytisches Denken)?

 

Bei dem beschriebenen Beispiel liegt ein struktureller Befund vor, der eine OP legitimieren würde. Die FDM-Techniken funktionieren durchaus auch bei intraartikulären Affekten, auch Menisken können scheinbar „entfaltet“ oder „eingefaltet“ werden. FDM denkt aber nicht in klassischen anatomischen Strukturen.

 

Ich erlebte einige Beispiele mit geringeren strukturellen Nachweisen und ähnlicher Symptomatik, wo es mit den Falttechniken zeitweise nicht wie gewünscht funktioniert.

Liegt es immer an der falsch ausgeführten Technik oder nicht gefundenem Kombinationsmuster? Oder gibt es vielleicht noch nicht beschriebene andere Distorsionen, wenn man im Modelldenken bleibt?

 

Wir bleiben nun aber zunächst bei diesem Beispiel mit nachweisbaren Strukturschäden.

Ich begann nun das Training des Patienten und sein Equipment genauer zu hinterfragen. In den vergangenen Jahren habe ich immer wieder zwei, sich wiederholende Beobachtungen bei Ausdauersportlern gemacht.

 

Beobachtung 1: In den letzten Jahren gab es eine stetig wachsende Zahl an Herstellern von Laufschuhen und vor allem einer Vielfalt an Modellen. Zwei Themen dominieren dabei den Handel: „Pronation“ und „Dämpfung“.

 

Viele Läufer und Triathleten laufen täglich im gleichen Schuh. Zahlreiche Laufschuhe erscheinen dabei mittlerweile „überdämpft“. Offensichtlich verträgt unser tiefes Gelenkmilieu diese Dämpfung von allen Strukturen am schlechtesten. Unser endogenes Stoßdämpfersystem erfährt überschießende exogene Zusatzdämpfung. FDM bezeichnet die Kapsel und die IOM und IMS als Stoßdämpfer.

Die Schulmedizin beschreibt in erster Linie die Menisken, den Knorpel und die synoviale Flüssigkeit. Hinzu kommen aktive Mechanismen durch Muskulatur und Fasziengewebe.

Alle diese Strukturen funktionieren synergistisch und leiten Kräfte physiologisch weiter und kompensieren es gemeinsam im Verbund (Kontinuum).

Ich bin kein Barfußverfechter, da wir Menschen uns schon früh an Schuhe gewöhnen und es hierfür ausreichend Adaptionsvorgänge gibt. Regelmäßiges barfuß laufen in der Wohnung fördert aber das natürliche Fußgewölbe und die Dämpfungssysteme. Die extreme Dämpfung einiger Schuhmodelle kann den Bewegungsapparat eventuell auch überfordern, wenn sie täglich verwendet wird.

Die Knie- (und die oberen Sprunggelenke) erscheinen aufgrund ihrer biomechanischen Konstruktion hierfür am empfindlichsten. Ich habe mittlerweile einige dieser Modelle getragen und meine Kniegelenke lassen sich davon in einer einzigen Einheit irritieren.

Manche Freizeitläufer nutzen unterschiedliche Schuhe, laufen wenige Kilometer und haben zwischen ihren Trainingseinheiten ausreichende Pausen. Fallen hiervon aber eine, oder mehrere Komponenten weg, so steigt offensichtlich die Belastung der tiefen Strukturen durch starke Federung eher an.

Im Gegenteil, vertragen die IOM und IMS zeitnah steigende Belastung mit sehr wenig Dämpfung und einseitiger Monotonie am schlechtesten (Bahntraining mit Spikes). Dabei kommen viele Komponenten zusammen:

 häufiges Training, viele Laufkilometer, starke Vorfußbelastung, Runde wird in die gleiche Richtung gelaufen, Kurvenlauf, keine/ wenig exogene Dämpfung, Untergrund etc...

 

Aus diesem Grund gibt es zahlreiche Athleten, die auf diese Trainingsreize mit Periostitis, Überlastungsfrakturen und ähnlichen Krankheitsbildern reagieren. All diese Sportler benötigen als Therapie Trainingsberatung und Equipment- Analyse.

 

Bei längerer Tragezeit von Schuhen mit ausgeprägter Dämpfung (z.B. nach einigen hundert Kilometern Gesamtlaufleistung), schwächt sich die Dämpfungseigenschaft ab. Der Überlastungs-Effekt lässt sich nicht mehr auslösen. Bei längerer Gesamttragezeit von wenig gedämpften Laufschuhen, stellen sich wiederum die beschriebenen Effekte ein. Je nach individuellem, endogenem Dämpfungssystem (nachfolgend erläutert), sollte man im Laufsport flexibel mit dem Schuhmaterial umgehen. Trägt man, je nach Laufdistanz und Tempo, verschiedene Modelle mit unterschiedlichen Eigenschaften, so sind am wenigsten orthopädische Überlastungssyndrome zu erwarten. Bei einer „Schuhmonotonie“ ist das richtige Maß am schwierigsten zu treffen.

 

Die Basis bildet immer die Belastungssteuerung nach Grundlagen der Trainingslehre.

 

Beobachtung 2: Kostengünstige Laufbänder erzeugen den gleichen Effekt, da der Boden zu sehr nachgibt. Die Gelenke müssen diese Schwingungen ebenfalls aufnehmen. Wiederum sind insbesondere die Knie- und Sprunggelenke betroffen. Auch Kunstrasenplätze oder Hallenböden können die Effekte erzeugen.

Im Folgenden soll eine Übersicht beschreiben, welche Strukturen im Verbund dazu beitragen, Kräfte zu übertragen und abzudämpfen. Der Vergleich mit einem Auto ist als Modell zu verstehen, um das Kontinuumdenken zu bewahren.

 

Dämpfungssysteme

 

Auto

Körper

Stoßdämpfer

Synovia mit HA

Federung

Knorpel (hyalin, elastisch, faserig)

Radaufhängung

Gelenkkapsel

Reifen

Muskulatur

Sitz

Fasziengewebe (EZM), IOM, IMS

Rahmenkonstruktion ( Starrheit und Flexibilität)

Biegespannung (Gewölbe, WS, Knochen…)

+…

+…

 

 

Bei der Fahrt mit einem Auto durch Schlaglöcher, sollte das Dämpfungssystem darauf ausgelegt sein. Versagt es, so nimmt das Auto Schaden. Ein Rally- Fahrzeug ist anders gefedert, als ein Rennwagen.

 

Unsere Dämpfungssysteme müssen trainiert werden. Unterschiedlich trainierte Systeme, benötigen unterschiedliche Dämpfungshilfen. Genetische Rahmenbedingungen sollten gleichermaßen beachtet werden.

 

Auf der Hamburger Marathon-Messe im Jahr 2005 testete ich einen Ultra-leicht-Schuh. Dieser war für genau einen Marathonlauf konzipiert. Ich war austrainiert, wog 72,5 Kilogramm bei 180 cm Körpergröße, 10% Körperfett, lief unter 3h. Der Verkäufer riet mir mit den Worten: „Du bist dafür zu dick!“, ab. Wahrscheinlich hatte er Recht; ich hatte nicht die genetischen Rahmenbedingungen und benötigte leichte Dämpfungsunterstützung.

 

Auch bei Stop-and-go-Sportarten kann es nur mit regelmäßiger Belastung und ausreichender Regeneration gelingen, von Überlastungssyndromen verschont zu bleiben.

 

Hypothese:

  

Unsere Gelenke können mit einem „Gelenkkater“ reagieren.

 

Die Beobachtungen 1 und 2 stellen nur Beispiele dar, bei welchen Abläufen Gelenke öfter unmittelbar, derartig reagieren. Der Gelenkkater kann bei allen täglichen Belastungen entstehen, wo hohe repetierende Kräfte oder einmalige Kraftspitzen erfolgen.

Der Gelenkkater stellt eine Anpassung oder Schutzreaktion des Kontinuums dar, welche sich anfangs oft gelenknah bemerkbar macht.

Muskulatur und Faszien fangen Kräfte nur teilweise auf , die dann teilgebremst, in immer tieferen Arealen weiter gebremst werden. Dort kommt es ebenfalls zu einer Anpassung. Der Gelenkkater tritt häufig im Zusammenhang mit „Impacts“ (Einschlägen nach Überwinden der Schwerkraft/ „Joggen“ oder kurzfristige Auflösung der stabilen Gelenkführung) auf, kann aber auch durch repetierenden Druck (seltener Zug) entstehen. Ohne Impacts kann das intra- und extraartikuläre Weichteilgewebe Druck- und Zugkräfte weitestgehend aufnehmen.

So werden zum Beispiel die Hoffa´schen Fettkörper (intraartikulär) bei einer mehrtägigen Radtour (keine Impacts), ohne vorausgehendes extensives Aufbautraining, sicht- und spürbar anschwellen. Extraartikulär kann es zur Entwicklung von Insertionstendopathien führen und Bursen puffern das Gewebe am Knochen, zumeist die Sehnen. Das klinische Bild ist dann eine passagere Bursitis.

Druckbedingte Gelenkkater entstehen dabei an der oberen Extremität seltener, dort am häufigsten erfahrungsgemäß am Daumensattel- und Grundgelenk.

Repetitive Zugkräfte können, wie auch traumatisch hohe Zugkräfte, zu Verletzungen des Kontinuums führen. Traumatisch hohe Zugkräfte führen zu ligamentären-, kapsuloligamentären-, chondralen Defekten (z.B. Labrumriss) oder ossären Verletzungen (Ausrißfrakturen). Repetitive Zugkräfte können zu Störungen der tendino-ossären Übergänge führen und so beispielsweise Traktionsapophysitiden herbeiführen. Im FDM entwickeln sich invertierte oder evertierte CD´s. Die nachfolgend beschriebenen Mechanismen des Gelenkkaters sind deshalb vorrangig für die untere Extremität und Wirbelsäule, seltener für die obere Extremität zu beobachten.Wir betrachten wieder das Kniegelenk, das besonders prädestiniert erscheint. Der „Knochen-Knorpel-Synovia-Meniskus-Komplex“ (das tiefe Gelenkkontinuum) kann dynamisch reagieren. Im Fasziennetz konnte jüngst eine hohe nozizeptive Versorgung nachgewiesen werden. Im Jahr 2016 erlernte der Autor das „holistische Verfahren der Chiropraktik nach Dr. Ackermann“ in Stockholm. Dr. Ackermann ist Orthopäde und Privatdozent am Karolinska Institut in Stockholm. Er hat bisher 150 internationale Publikationen zur Schmerz- und Gewebereparatur vorgetragen. In seinem Kurs zeigte er Bilder, auf denen er eingewachsene Nervenfasern im Bandscheibengewebe nachwies, wenn Schmerzzustände über lange Zeit bestanden. Im Gelenkknorpel- und Meniskusgewebe ist derartiges so nicht beschrieben. Offensichtlich können Knorpel, Synovia und Menisken aber auch kurzfristig überlastet werden, ohne längerfristigen oder dauerhaften Schaden nehmen zu müssen. Über ihre Reaktionsweise diesbezüglich, ist einiges ungeklärt. Bei den Schmerzen des Gelenkkaters handelt es sich um Belastungsschmerzen, welche sich im Ruhezustand reduzieren, wenn das Gelenk regeneriert.

Wie die Übertragungsmechanismen zum Gehirn ohne bekannte Nozizeption im Knorpel erfolgen, darf weiter erforscht werden. Schaut man ein bisschen nach links und rechts, so sieht man, wie die junge Bestseller-Autorin Giulia Endres in „Darm mit Charme“, die Darm-Hirn-Achse beschreibt.

Das Helmholtz-Institut in München berichtet im Diabetesinformationsdienst, dass auch das Gehirn stärker in den Fokus der Diabetes-Forschung gerate.

Es darf vermutet werden, dass es auch eine chondrale Rückmeldung vor entstandenen Knorpelschäden gibt, welche nicht bekannt ist. Wie offensichtlich bei allen Organen, gibt es eine lokale Reaktion (Schnellhilfe) und eine Reaktion aus dem zentralen Steuerungszentrum (versuchte Abhilfe). Menschen kopieren vieles aus der Natur und da noch kein Rückmeldungsmechanismus zum Gehirn bekannt ist, wird im Modell solange eine Art „WLAN-Rückmeldung“ angenommen, bis die Forschung eventuell einen realen Weg aufweisen kann. Dieses ist für das Modell aber sekundär, da im Folgenden nur auf die lokale Reaktion eingegangen wird.

 

Am 02.12.2017 hörte ich mir in Hamburg einen Vortrag von einem Fußball-Bundesliga-Arzt zum Thema Hyaluronsäure an. Er berichtete von einem seiner Spieler mit fortgeschrittener Hüftarthrose und zeigte dessen Röntgenbilder, die kaum noch einen Gelenkspalt erahnen ließen. Der Mediziner präsentierte darauf seine Dokumentation zur Genesung des Spielers nach einigen Hyaluronsäure-Infiltrationen neuerer Generation (sog. Viskosesupplementation). Er hatte ein Präparat aufgetan, das nach Herstellerangaben  bei „in vitro“- Versuchen nahezu „unplattbar“ war.

Der Bundeliga-Mediziner stellte seine ursprüngliche Skepsis dar, sowie die wachsende Überzeugung nach Beschäftigung mit der molekularen Beschaffenheit der Hyaluronsäure und den folgenden Behandlungen, da der Spieler danach wieder in der Lage war, schmerzfrei an Bundesliga- Spielen teilzunehmen.

Gibt es derartige Schmerzwellen bei fortschreitender Arthrose? Anscheinend kann der Körper Schmerzen vollständig kompensieren, wenn die vorhandene Flüssigkeit ausreichend puffert und Knorpel und Knochen nicht mehr um „Hilfe schreien“, obwohl sie schon arthrotisch degenerieren.

 

Folgende Kriterien sollte ein zugeführter Gelenkpuffer des Herstellers erfüllen:

  • Kurzzeitiger mechanischer Effekt 
  • Langzeitiger biologischer Effekt
  • Lange Verweildauer im Gelenk
  • Verträglichkeit

Was ist aktuell über Hyaluronsäure bekannt?

 

Hyaluronsäure ist ein Bestandteil der extrazellulären Matrix. Hyaluronan (HA) ist ein neues Synonym (in Folge dieser Nomenklatur wird die Hyaluronsäure weiter als HA bezeichnet). HA hat eine enorme Fähigkeit, Wasser zu binden (6 Liter pro Gramm). Dadurch werden an Hyaluronsäure gebundene Moleküle druckbeständig und können große Lasten aushalten.

Da Wasser kaum komprimierbar ist, bleibt diese Eigenschaft auch in Geweben gültig, in welchen HA enthalten ist.

HA ist ein Hauptbestandteil der Synovia (Synovial- oder Gelenkflüssigkeit). Bei Belastungen verändert sich die Struktur der HA und somit die Viskosität oder Zähigkeit. Durch einwirkende mechanische Kräfte verändert sich die Viskosität (Scherkräfte reduzieren die Zähigkeit).

Sie bleibt dabei stets so zäh, dass sie nicht aus dem Gelenk gepresst wird und ihre Struktur verbindet sich ideal mit dem Gelenkknorpel.

Diese Verbindung unterliegt einer Dynamik, um geforderten Funktionen gerecht werden zu können.

Die Moleküle der HA können sich versammeln, wenn hoher Druck erforderlich wird (z.B. Absprung) und dissoziieren, wenn schnelle Scherkräfte (Laufen) auftreten. Biochemisch ist sie an der Verknüpfung von „Riesenmolekülen“ im hyalinen Knorpel beteiligt (Proteoglykane).

Die Hersteller heutiger „Hochleistungshyaluronsäure“ beschreiben eine flexible 3-D-Struktur und ein Formgedächtnis, was bei dauerhafter Belastung die Elastizität und Stabilität gewährleisten soll.

Bei bestimmten Molekulargewichten (500 – 730kDa) konnte man offensichtlich zudem regenerierende Effekte am Knorpel nachweisen (sog. Viskoinduktion).

 

HA wirkt als Schmiermittel bei Gelenkbewegungen, wobei der Gelenkknorpel selber „glatter als Eis“ ist. Bei Belastungen verändert sich die Struktur der HA und somit die Viskosität (Zähigkeit).

Wie bei vielen Alterungsprozessen, wird auch die HA im Laufe des Lebens zunehmend abgebaut.

 

Anhand der gelisteten Gedankengänge und derzeit bekannten Fakten, beschreibt SFT nach seinem Verständnis, eine weitere Fasziendistorsion, den Gelenkkater (GK) folgendermaßen:

 

Die Reduktion der Viskositätsdynamik von Hyaluronsäure in der Synovia, infolge mechanischer Reize und/oder pathologischen outlets führt zum Verlust ihrer funktionell adäquaten Dreidimensionalität.

 

Auch die Synovia fungiert als Teil des Kontinuums und folgt ähnlichen Gesetzen (Dreidimensionalität, dynamische Reaktionsfähigkeit, Formgedächtnis/ endogene Spannung etc.).

 

Gelenkknorpel, Menisken und extraartikuläres Weichteilgewebe unterliegen einer synergistischen Anpassung. Sie können gleichermaßen Folge und Ursache sein, da das Dämpfungssystem im Kontinuum arbeitet.

 

Ein Gelenkkater kann in allen Gelenkzuständen entstehen oder vorliegen; bei jüngeren intakten, wie auch bei degenerativ veränderten Gelenken. Ohne Trauma scheinen die Wachstumsfugen beim Heranwachsenden anfälliger auf repetierende Impacts zu reagieren, als die Gelenke.

Da auch HA, der biologischen Uhr folgt, und im Laufe des Lebens abgebaut wird, erfolgt Gelenkregeneration im Alter träger. Alterungsbedingt liegen häufiger bildgebende Befunde vor, die demzufolge auch schneller operativ versorgt werden.

 

Wie geht es nun dem 60-jährigen Marathonläufer? Und was ergab das Hinterfragen des Trainings und seines Equipments?

 

Die Antworten sind: Er trug schon länger ausschließlich stark dämpfende und keine leichteren, „direkten“  Laufschuhe. Er lief in der Vergangenheit ca. fünfmal die Woche, davon dreimal auf einem minderwertigen Laufband. Ohne viel Training geht’s ihm gut. Ihm wurde somit empfohlen, zunächst seine Trainingsbedingungen anzupassen (Schuhmaterial, Laufbandkarenz, Trainingsplansteuerung).

 

Bei persistierenden Schmerzen scheint Hochleistungshyaluronsäure eventuell indiziert. Sollten die genannten Ansätze kein zufriedenstellendes Ergebnis liefern, wäre die operative Indikation ärztlich zu diskutieren.

Der Läufer hat sich entschieden vorerst auf marathonartiges Training zu verzichten.

 

Ein Jahr nach den vorausgehenden Zeilen traf ich ihn nun wieder. Er hat sich die Ratschläge zu Herzen genommen, sein Gelenk konnte währenddessen ausreichend regenerieren und er hat inzwischen wieder Freude am schmerzfreien Laufen!

 

In Abhängigkeit ihrer Strukturschäden benötigen manche Gelenke zur Regeneration des Gelenkkaters ausschließlich das richtige Verhältnis aus Be- und Entlastung (Therapie: Trainingssteuerung).

 

Alters- und belastungsbedingte Veränderung der Viskosität (schlecht trainierte und überlastete Synovia) erfolgt simultan mit strukturellen Anpassungen des umgebenden Bewegungsapparates.

Wie für alle Gewebetypen, gilt auch hier die Arndt-Schultze-Regel:

 

Der Gebrauch erhält, die Anstrengung fördert und die Überanstrengung schadet.

 

Gute trainingswissenschaftliche Kenntnisse helfen in der Orthopädie, Überlastungen einzuschätzen und Belastungen richtig zu dosieren. Das Modell der Superkompensation hilft Anpassungsprozesse im Sport zu verstehen. Es ist durchaus auch für orthopädische Adaptionen anzuwenden. Man sollte es (wie auch FDM), als Modell verstehen.

 

Das Prinzip der Superkompensation besagt, dass der Körper nach einem Belastungsreiz, im Laufe der folgenden Regeneration eine Leistungsphase erreicht, die über das ursprüngliche Niveau hinausgeht. Diese Phase hält eine Zeit lang an. Kommen die neuen Belastungsreize wiederkehrend in zu frühen Regenerationsphasen , so wird keine ausreichende Erholung erreicht.

Im Training sinkt das Leistungsniveau, am Bewegungsapparat steigt das Überlastungsniveau. (siehe Ablauf der Arthrose). Kommen die neuen Belastungsreize zu spät, so bleiben sie wirkungslos. Kommen die Belastungsreize viel zu spät, so sinkt das Ausgangsniveau. Sinkendes Ausgangsniveau am Bewegungsapparat bedeutet sinkende Bereitschaft aller Gewebe, Kräfte aufzunehmen und abzugeben.

 

Ein Körper mit einem geringem Ausgangsniveau, um Kräfte aufzunehmen und abzugeben, ist verletzungsanfälliger für repetierende Kräfte und Kraftspitzen.

 

Beim Gelenkkater kann zwischen einem akuten und einem chronischen Gelenkkater unterschieden werden. Der akute Gelenkkater heilt durch eine Ruhephase aus, welche durch sanfte Bewegung unterstützt werden kann (analog zum Muskelkater). Er ist vollständig reversibel. Der akute Gelenkkater kann in einen chronischen Gelenkkater übergehen, wenn keine ausreichende Regeneration erfolgt. Der chronische Gelenkkater verlässt schleichend die Reversibilität in Richtung Irreversibilität, wenn die Belastungsreize weiter zu gehäuft oder zu stark erfolgen. Die Strukturschäden werden größer und bildgebende Verfahren weisen vermehrt degenerative Befunde auf. Theoretisch ist der Gelenkkater sehr lange teilreversibel. Die Adaptionsprozesse sind in den tiefen Geweben jedoch sehr träge und ein Belastungsaufbau ist mit viel Geduld und Disziplin verbunden. Die strukturellen Umbauprozesse gelenknaher Strukturen erschweren physiologische Bewegungsabläufe, was wiederum die Teilreversibilität des Gelenkkaters hemmt (Fortschreitende Arthrose).

 

Ablauf der degenerativen Arthrose im SFT-Modell (primär arthrogen):

 

1. Akuter Gelenkkater, Synovialphase (reversibel)

 

Die Reduktion der Viskositätsdynamik von Hyaluronsäure in der Synovia, infolge mechanischer Reize und/oder pathologischen outlets führt zum Verlust ihrer funktionell adäquaten Dreidimensionalität.

Auch die Synovia fungiert als Teil des Kontinuums und folgt ähnlichen Gesetzen (Dreidimensionalität, dynamische Reaktionsfähigkeit, Formgedächtnis/ endogene Spannung etc.). Gelenkknorpel, Menisken und extraartikuläres Weichteilgewebe unterliegen einer synergistischen Anpassung. Sie können gleichermaßen Folge und Ursache sein, da das Dämpfungssystem im Kontinuum arbeitet.

 

Die Gelenkkapsel (Faltfaszie) kann verdrehen und das pathologische outlet persistiert (primäres outlet). Ebenso kann das Verdrehen der Gelenkkapsel dazu führen, dass sich erst ein pathologisches outlet bildet (sekundäres outlet). Ein schlecht trainiertes Ausgangsmilieu des Gelenkes führt zum schnelleren Übergang in die chondrale Frühphase.

  

2. chondrale Frühphase der Arthrose (Fortbestand des chronischen GK, teilreversibel)

 

Es erfolgt keine vollständige Regeneration (Reizsummation) und/oder es kann keine vollständige Regeneration erfolgen (outlets). Es ist nur der Knorpel betroffen, bevor Veränderungen am Knochen erfolgen.

 

3. ossäre Degenerationsphase der Arthrose (Fortbestand des chronischen GK und der Knorpeldegeneration, teilreversibel)

Durch verstärkten Abrieb (Alter, Anlage, mechanisch, degenerativ) des Knorpels kommt es zusätzlich zur Verformung des Knochens und der Knochenstruktur. Es entsteht eine unregelmäßige Oberfläche des Knochens mit der Bildung von Osteophyten und Pseudozysten.

 

In jeder Phase möglich: passagere Entzündungsphase der Arthrose, ggfs. bis zur Destruktionsphase (Fortbestand des chronischen GK, ggfs. irreversibel)

 

Die mechanische Zerstörung der Gelenkoberfläche führt zur Freisetzung von körpereigenen Botenstoffen, die eine Entzündung fördern (Interleukin 1). Dieser, bei Akutverletzungen wichtige Schutzmechanismus, kann bei einer Arthrose außer Kontrolle geraten. Interleukin 1 lagert sich an den Knorpelzellen an und bewirkt die Freisetzung von knorpelzerstörenden Enzymen. Durch die Entzündung verändern sich die Membrana fibrosa und Membrana synovialis. Es bildet sich ein Gelenkerguss und das Gelenk schwillt an. Eine posttraumatische oder postoperative, iatrogene Arthrose, kann auch in Phase 2 und 3 beginnen (beschleunigter Verlauf). Mit diesem Modell (GK) lassen sich Anlaufschmerzen, die man Arthrosen zuordnet, verstehen.

 

Fallbeispiel:

 

Bis zu meinem 30. Lebensjahr spielte ich leistungsorientiert Fußball. Im letzten Jahr meiner Karriere, bei einem Verein, der über einen Kunstrasenplatz älterer Generation (vgl. Laufband) verfügte. In der Wintervorbereitung trainierten wir fünf- bis sechsmal wöchentlich auf diesem Platz. Nach wenigen Wochen klagte ich abends (etwa ab einer Stunde nach dem Training), über starke Anlaufschmerzen beider Sprunggelenke beim Aufstehen vom Sofa. Der Schmerz verlief sich nach einigen Schritten in der Wohnung. Nach längerer Ruhephase war er erneut vorhanden und es wiederholte sich mit jedem Trainingstag. Während des Frühlings wurde es weniger, da wir zeitweise den Rasenplatz nutzten konnten.

Seit besagtem Jahr sind nunmehr 18 Jahre vergangen, in den ich als Langstreckenläufer wöchentlich bis zu 125 Kilometer gelaufen bin. Ich hatte nie wieder Schmerzen in den Sprunggelenken.

Die Sprunggelenke haben sich vom Gelenkkater vollständig erholt und es sind neben den passageren Überlastungen keine degenerativen Anpassungen entstanden. 

 

 

Arthrose begünstigende Faktoren im SFT-Modell

 

Es gibt diverse Statistiken über den Einfluss des Körpergewichtes auf die Entstehung von Arthrosen der Gelenke der unteren Extremität. In meiner manualmedizinischen Ausbildung um das Millennium herum wurde vermittelt, dass der Ansatz- und Ursprungsort der gelenkumgebenden Muskulatur (Entfernung zum Gelenkdrehpunkt) eine größere Rolle spiele, als das Körpergewicht. Die zu Grunde liegenden biomechanischen Berechnungen können struktur-genetischen Dispositionen zugeordnet werden. In welcher Verhältnismäßigkeit die Faktoren Gewicht und Körperbau eine Rolle spielen, ist schwer zu ermitteln.

Übergewichtige Menschen, die zeitlebens sportlich regelmäßig aktiv sind (insbesondere Ausdauersport, da geringere Kraftspitzen), haben ein höheres Trainingsniveau ihrer Gelenkmilieus. Das regelmäßige Training bei diesen Menschen führt gleichermaßen dazu, dass ihr Gewicht nicht extrem entgleist. Bei dieser Gruppe ist eine höhere Arthrose-Quote unwahrscheinlich.

Übergewichtige Personen, die keinen regelmäßigen Sport treiben oder keine entsprechend regelmäßige körperliche Belastung haben, unterliegen keinen positiven superkompensatorischen Adaptionen ihrer Gelenkmilieus. Dieses wiederum erhöht die Wahrscheinlichkeit des Anstiegs ihres Körpergewichtes.

Schlanke Menschen, die wenigen Belastungen ausgesetzt sind, haben schlechtere Gelenkmilieus, als die aktiven schlanken Personen. Sie werden eine erhöhte Arthrose Wahrscheinlichkeit aufweisen, wenn struktur-genetische Faktoren hinzukommen. Für alle Menschen gilt, dass traumatische Ereignisse mit Gelenkschäden die Arthrose Entwicklung (in Abhängigkeit von Schaden und Lebenswandel) begünstigen.

 Zusammengefasst wird nochmal die Arndt-Schultze-Regel zitiert:

 Der Gebrauch erhält, die Anstrengung fördert und die Überanstrengung schadet.

 

Die degenerative Arthrose wird im SFT als primär arthrogen bezeichnet, da es bei osteonekrotischen Prozessen (z.B. Morbus Ahlbäck) im Knochen, infolge Durchblutungsstörungen ebenfalls zu einer Arthrose kommen kann. Die Gelenkfläche wird ohne Trauma, von der ossären Seite ausgehend, degenerativ zerstört (primär ossär).

 

Gelenkerguss

 

Im SFT-Konzept wird der Gelenkerguss etwas abweichend vom FDM gesehen. Zur Erinnerung: FDM sieht den Gelenkerguss als eine physiologische Reaktion des Körpers an, die Faltfaszien wieder zu ordnen. SFT sieht den Gelenkerguss als Schutzmechanismus des Körpers, eines vorübergehenden Versagens der Stoßdämpferfunktion des Kontinuums. Dieser kann auf verschiedenen Ebenen versagen. Es kann wie im FDM auch die Gelenkkapsel betroffen sein, jedoch ebenso andere Puffersysteme.

Häufig findet es sich im Kniegelenk nach Arthroskopien mit Wundtoilette, Knorpelglättung und Meniskusteilresektion. Nach Operationen ist der knorpelige Stoßdämpfer vorübergehend geschwächt.

Aber auch ohne Operationen können die Stoßdämpfer derartig überlastet werden, dass die Flüssigkeit im Gelenk einen vorübergehenden Schutz darstellen kann (synovialer Erguss). Ein Hämarthros und Pyarthros unterliegt anderen Einflüssen und benötigt eine separate Therapie!

Für die Belastung während einer Ergussphase gilt es zunächst den Entstehungsmechanismus zu hinterfragen. Postoperativ sollte man die Wundheilungsphasen einschätzen und die Belastungsreize danach langsam steigern.

Dabei ist das Ausmaß des operativen Eingriffes am Gelenk immer aus dem Operationsbericht zu analysieren und das Procedere zu überdenken.

Posttraumatische oder idiopathische, synoviale Ergüsse können vorsichtig belastet werden, wenn: keine Einklemmung vorliegt (nicht in Einklemmung belasten!), kein Belastungsschmerz vorhanden ist; nach Probebelastung keine Ergusszunahme, Schmerzzunahme oder Temperaturzunahme erfolgt.

 

Fallbeispiel:

 

Auf einer Fortbildung, der ich jüngst beiwohnen durfte, wurde der Ellenbogen einer Teilnehmerin untersucht. Diese war 47 Jahre alt und klagte über Ellenbogenschmerzen. Die sportliche Frau beschrieb ihr dreimal wöchentliches Judo-Training, bei welchem sich ihr Ellenbogenschmerz wiederholt während einer speziellen Grifftechnik auslöste. Während dieses Griffes geriet der Arm im Ellenbogengelenk in Hyperextensions- und Pronationsposition unter Zug.

Infolge des Trainings persistierte der Schmerz dann jeweils für 2 bis 6 Tage. Das darauffolgende Training setzte meist schon vor Erholung des Humero-Ulnar-Gelenkes ein. Die Schmerzen konnten somit selten komplett abklingen. Der Schmerzmechanismus beschritt aus neurophysiologischer Sichtweise den Weg vom Input-Problem zum Verarbeitungsproblem.

Während der Befundung provozierte der Dozent das Gelenk vorsichtig im beschriebenen Griffmuster aus dem Judo.

Ein Ziel der Fortbildung war Schmerzmechanismen zu erkennen und in Folge der beginnenden Zentralisation wurden Therapieansätze in der HWS/ BWS und Haltung analysiert und eine ganzheitliche Strategie verfolgt.

Aus SFT-Sichtweise war diese Patientin jedoch ein klassisches Beispiel des Gelenkkaters. Ihr Ellenbogen wurde während des Judos regelmäßig überstreckt. Die Gelenkstrukturen wurden stark belastet (Synovia, Knorpel, Kapsel, umliegendes Weichteilgewebe). Während 2 bis 6 Tagen konnten sie sich, je nach Stärke des ständig reproduzierten Traumas, erholen.

Erfolgte das Re-Trauma frühzeitig, so persistierte der Schmerz. Das Trauma entsprach einem einmaligem „Mega-Impact“, welcher bis zum Knochenödem führen kann.

 

Abzuleitende Maßnahmen 1+2:

  

Maßnahme 1: Direkt nach erfolgtem Trainings-Trauma ist eine schmerzfreie Gelenkstellung zu suchen und in diese wird wiederholt schmerzfrei hineinbewegt.

 

Der Therapieansatz ist ähnlich wie bei den Falttechniken aus dem FDM, jedoch liegt nun der Gedanke primär auf Ebene der Synovia und des Knorpels, sowie der weiterlaufenden synergistischen Gewebereaktion. Welche Konsequenzen hat dieses abweichende Denken?

 

Eine FDM Faltdistorsion geht von einer primären Verdrehung der Faltfaszie (u.a. Gelenkkapsel) aus.

Im SFT wird aufgrund des Hyperextensions- Impacts von einer Störung im Synovia- und Knorpelkomplex ausgegangen. Die funktionelle Dreidimensionalität soll schnellstmöglich wieder hergestellt werden. Dominiert nach FDM eine Verdrehung der Faltfaszie (Kapsel), so hat sich die Faltfaszie eventuell in Pronation und Extension verdreht. Es wäre demnach durchaus möglich, in dieser Stellung die Gewebsverdrehung zu lösen. In jedem Fall würde eine schmerzfreie Bewegungskomponente gesucht werden und Traktion oder Kompression hinzugefügt.

Beim Gelenkkater, infolge des Hyperextension- Impacts, ist aus SFT-Sicht nicht in erster Linie das „Zugtrauma“ mit Verdrehung der Faltfaszie (Kapsel) entscheidend, sondern das „Impact-Trauma“ des Humero-Ulnar-Gelenkes.

So differenziert, würde es sich im FDM um eine Einfaltdistorsion handeln.

 

Vor einer therapeutischen Maßnahme gilt:

Die Winkelstellung könnte sowohl Extension und Pronation, als auch Flexion und Supination sein, sowie alle weiteren denkbaren Kombinationen. Ebenfalls kann Kompression oder Traktion probiert und dann hinzugenommen werden. Die Winkelstellungen und Druck/Zugverhältnisse werden solange überdacht und vorsichtig ausprobiert, bis eine völlig schmerzfreie Situation geschaffen werden kann. In dieser wird wiederholt mobilisiert. Es handelt sich hierbei um eine Erstmaßnahme im Training.

Der Gelenkkater kann eventuell einige Tage bestehen, bis die adäquate Dreidimensionalität wieder hergestellt ist.

  

Hypothese: SFT würde direkt nach dem Hyperextensions- Impact moderate Flexion und Supination testen. Es gilt immer: Ein schmerzfreier Bereich ist korrekt gewählt.

Im schmerzfreien Bereich eine längere Zeit bewegen.

 

Maßnahme 2: Stabilisationstraining in Ellenbogenextension und Pronation, Präventive Maßnahmen besprechen (Training, Tapes etc.).

Prognose: So lange die Sportlerin genügend Pause zwischen den einzelnen Trainingseinheiten hat, wird der Gelenkkater zunächst reversibel bleiben.

Kommen die Traumen sehr zeitnah oder zu intensiv (die Sportlerin hatte ihren Übungspartner schon gewechselt) und das Gelenk erhält keine ausreichende Erholungszeit, so ist ein Übergehen aus der synovialen Phase in die chondrale Frühphase zu erwarten.

 

Welche Bedeutung hat das Modell „Gelenkkater“ für den klinischen Alltag?

 

Zunächst noch einmal zur Erinnerung:

 

Die Reduktion der Viskositätsdynamik von Hyaluronsäure in der Synovia, infolge mechanischer Reize und/oder pathologischen outlets führt zum Verlust ihrer funktionell adäquaten Dreidimensionalität.

Die von der Synovia ernährten Gelenkknorpel und Menisken, unterliegen in den Übergangszonen einer synergistischen Anpassung. Die Gelenkkapsel (Faltfaszie) kann verdrehen und das pathologische outlet persistiert.

 

Der menschliche Körper ist ständig starken Kräften ausgeliefert, die mit Impacts verbunden sind.

Wir führen uns als nächstes Beispiel deshalb Langdistanz-Triathleten vor Augen.

 

Je langfristiger der Trainingsaufbau erfolgt (Jahre), desto besser kann der gesamte Körper superkompensieren. Nicht nur das etwas schneller reagierende Herz-Kreislauf-System wird fortlaufend aufgebaut, sondern auch das träge reagierende muskuloskelettale System.

Sportler, die nach kürzerer Trainingszeit derartige Distanzen (3,8km Schwimmen, 180 km Radfahren und 42,195km Laufen) absolvieren, sind grundsätzlich gefährdeter für muskuloskelettale Erkrankungen, als Athleten mit langzeitigem Trainingsaufbau. Wir legen den Fokus bei diesen Sportlern nun auf den Gelenkkater.

Als Prädilektionsstellen sind insbesondere die Knie und Lendenwirbelsäule häufig betroffen. Das Schwimmen ist statistisch als relativ verletzungsarm einzustufen und beim Radfahren dominieren Sturzverletzungen vor Überlastungsschäden. Nach 3,8 km Schwimmen und 180 km Radfahren ist jeder Körper grundermüdet. Je besser der Trainingszustand, die Krafteinteilung und die Tagesform, umso mehr Reserven stehen für das Laufen zur Verfügung.

Jeder Mediziner sollte sich einmal einen Marathonlauf im Ironman Wettkampf ansehen. Man bekommt geballt, alle Formen „unrunden Laufens“ zu sehen.

Es ist bei jedem Athleten mit Schmerzen verbunden, die oft noch ein paar Tage nach dem Wettkampf verbleiben und über weitere Tage bis Wochen ausklingen.

Die Stoßdämpfersysteme das Körpers haben reichlich Arbeit, und Bindegewebe, Muskulatur und Gelenk benötigt Erholung.

180 Kilometer gebeugt Radfahren und dann 42,195 Kilometer mit Vortrieb Laufen, dabei zigtausende Impacts in den Wirbelgelenken und umgebenden Dämpfungssystemen absorbieren, führt zu einer Reaktion des gesamten Kontinuums. Sportler leiden unter „Überlastung der thorakolumbalen Faszie“, „Facettgelenksarthrose“, „lumbosakralen Überlastungssyndromen“, Gelenkkater.

Erfolgt eine ausreichende Regeneration, so werden alle weitestgehend beschwerdefrei. Alle Schmerzen dieser Art sind Signale des Körpers, nach einer Belastung, ausreichend Entlastung folgen zu lassen.  Beherzigt man dieses, kann man lange Zeit sportlich aktiv bleiben. Das muskuloskelettale System ist hochtrainiert. Ist dieser Sportler Patient und benötigt er Therapie?

Trainingssteuerung, Wissensvermittlung über physiologische Abläufe, sowie Selbstmaßnamen sind meist ausreichend. Diese Betrachtung erfolgt nur aus orthopädischer Sichtweise (nicht aus internistischer).

 

Wann werden solche Sportler Traumaunabhängig zu echten Patienten?

  • Das Verhältnis aus Belastung und Entlastung stimmt über einen längeren Zeitraum nicht.
  • Die erforderte Leistung ist kurzfristig viel zu hoch, da der Trainingszustand nicht adäquat ist
  • Es liegen pathologische Outlets vor und es erfolgt keine Rücksicht darauf

Outlet

 

Der Begriff „Outlet“ beschreibt im SFT-Modell „äußere Umstände, die ungünstige Einflüsse nehmen können.“

Gelenknah können es folgende Faktoren sein (Beispiel Knie): Meniskuseinklemmung, Knorpelfransen, Ossifikationen/Exostosen, Osteochondrosis dissecans, passagere Meniskusverlagerung während eines Impacts (er kann seiner Funktion nicht nachkommen), Kapselverdrehung, Weichteilödeme/ Hypertrophie des Hoffa´schen Fettgewebes.

Beispiel: Eine Meniskuseinklemmung ist zwar, eine auf das Arthron bezogen, "innenliegende Symptomatik" ("non outlet"), die dann aber einen äußeren Umstand mit ungünstigem Einfluss auf die Funktionalität der chondro-synovialen Funktion bedeutet ("outlet").

 

Folge: Ein schlecht trainiertes Gelenk, verträgt weniger, sowie weniger intensive Impacts. Gelenktraining benötig viel Zeit und erfolgt extensiv.

 

Fallbeispiel:

 

Ein Freund von mir war dreimal zur Ironman-WM auf Hawaii. Zuletzt im Jahr  2012, ein halbes Jahr nach einer Knieoperation (ASK mit subchondraler Arthroplastik, Chondroarthroplastik, Hoffa-Resektion rechts). Intraoperative Hauptbefunde waren „Patellarrückfläche Chrondromalazie Grad 3“ und „medialer Condylus Knorpelauffransungen Chrondromalazie Grad 2“.

Das Procedere sah unter anderem keine stärkere Belastung in Kniebeugung für 12 Wochen vor.

Es blieben gerade einmal 3 Monate intensivere Vorbereitungszeit (Rad) für den Wettkampf, im Laufbild blieb ein leichter Hink Mechanismus nach.

Zwei Tage vor dem Start kam beim Schwimmen eine Entfaltdistorsion des Kniegelenks hinzu.

Trotz dieser widrigen Umstände gelang es dem Sportler zufriedenstellend zu finishen. Den Marathon hatte er 42,195 Kilometer lang stark gehumpelt. Monate nach dem Wettkampf verkündete er wegen persistierender Belastungsschmerzen sein Karriereende, im Alter von 44 Jahren.

Fast ein Jahr lang fuhr er nur locker Fahrrad und ging gelegentlich Schwimmen. Zudem fing er an, mit seinem Vater zu Walken.

Er merkte dabei zunächst nicht, wie sich sein Körper zunehmend erholte. Eines Tages joggten wir 5 Kilometer zusammen, wobei ich sah, dass er völlig rund lief. Sein Gelenk hatte sich vollständig erholt.

 

Einige Jahre später (2017 mit 48 Jahren) begann er den Trainingsaufbau für einen nächsten Ironman. Er ließ seinem Körper viel Zeit zur Regeneration und lief bei rundem Laufbild locker wieder Distanzen jenseits der 30 Kilometer und absolvierte im Sommer 2018 schließlich den Hamburg-Ironman knapp über 9 Stunden. Alles völlig beschwerdefrei.

Es geht bei der Beschreibung nicht um ein Urteil „gut oder schlecht“, „gesund oder ungesund“, einzig nur darum, wie unser Körper funktioniert.

 

Gibt es beim Gelenkkater einen Algorithmus für die Problemlösung?

 

Ein Algorithmus ist eine eindeutige Handlungsvorschrift zur Lösung eines Problems. Diesen kann es nicht geben.

Wie auf den vorherigen Seiten gelistet, haben zahlreiche Faktoren Einfluss auf die Progredienz eines Gelenkkaters.

 

In der Frühphase ist er häufig leicht über die Regeneration zu steuern.

 

Weiterlaufend empfehlen sich konservative Maßnahmen, die auf trainingsanalytischem Wissen basieren. Pathologische Outlets werden durch manuelle Techniken, orthopädische Hilfsmittel (z.B. Einlagen) und aktiver Therapie beeinflusst. Andere müssen eventuell minimalinvasiv chirurgisch reduziert werden.

Operative Maßnahmen werden erfolgreich sein, wenn die Gelenkfunktion mit ausreichender Stoßdämpferfunktion wieder hergestellt wird und das Narbengewebe gering gehalten werden kann.

 

Ein verbreitetes Beispiel ist die mediale Gonarthrose.

Bei Beschwerden ohne Einklemmungsphänomene haben Studien aufgezeigt, dass die konservative Therapie erfolgreicher ist, als die chirurgische. Einklemmungen, welche durch manuelle Therapien nicht beseitigt werden können, müssen operativ gelöst werden.

Outlets, welche zu wiederholten Gelenkstörungen (chronifiziertem Gelenkkater) führen werden oder rezidivierende Einklemmungen hervorrufen können, sollten primär durch äußerliche Achskorrekturen (Therapie + Einlagen), Stabilitäts- und Koordinationstraining und sekundär durch operative Maßnahmen korrigiert werden. Bei gut durchgeführten Umstellungsosteotomien, sowie geeigneten Beinachsen, können Patienten mit höhergradigen medialen Knorpelschädigungen wieder sehr belastbar werden.

In den letzten Jahren wurde begonnen, extraartikuläre Stoßdämpfersysteme (Atlas knee system) zwischen Unterschenkel und Oberschenkel einzusetzen. Langzeitergebnisse darüber liegen noch nicht vor.

Die mediale Knieprothese oder Totale Endoprothese (TEP) sollte das letzte Mittel der Wahl darstellen und zum Einsatz kommen, wenn die aufgeführten Therapieansätze wenig erfolgsversprechend erscheinen.

Auch im Kontinuumdenken sollte zunächst immer differenziert werden, ob der primäre Beschwerdeherd intraartikulär oder extraartikulär angesiedelt ist.